Den deutschen Autoherstellern könnten ihren technologischen Vorsprung beim hochautomatisierten Fahren im Privatauto verlieren. Vor allem die Chinesen sind ihnen auf den Fersen, wie aus der Studie "Connected Car Innovation – CCI 2025" des Center of Automotive Management (CAM) hervorgeht.
Demnach sind Mercedes-Benz, BMW und Volkswagen bei Innovationen für höherautomatisierte Fahrfunktionen (Level 3 und 4) in Privat-Pkw aktuell weltweit führend. Besonders Mercedes sticht mit dem als erstem Level-3-System zugelassenen Staupiloten in S-Klasse und EQS hervor. BMW folgt mit Highway- und Stauassistenten im 5er und 7er.
Das CAM prognostiziert allerdings, dass chinesische Hersteller die deutschen Anbieter bei der Innovationskraft bis etwa 2028 überholt haben dürften – obwohl auch aus Deutschland bis dahin zahlreiche neue Funktionen auf Level 3 und 4 erwartet werden. Für Erfolge im Wettbewerb um die Vormacht beim autonomen Fahren brauche es ein Zusammenspiel von Autoindustrie, Politik sowie Technologie- und Infrastrukturpartnern, so CAM-Leiter Stefan Bratzel.
Hier sind die Chinesen bereits vorbeigezogen
Bereits überholt worden sind die Deutschen bei den Fahrerassistenzsystemen bis Level 2 und 2+. Dort haben sich chinesische Marken der Studie zufolge in den vergangenen drei Jahren an die Spitze gesetzt. 2024 entfiel mehr als 70 Prozent der weltweiten Innovationsstärke in diesem Bereich auf Hersteller aus China, deutsche Konzerne kamen auf 14 Prozent, US-Anbieter auf zwölf Prozent.
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Noch kritischer fällt die Bilanz im Zukunftsfeld Robotaxis und -shuttles aus. Dort geben laut CAM vor allem US- und chinesische Anbieter das Tempo vor. Marktführer Waymo kommt demnach bereits auf rund 250.000 kommerzielle Fahrten pro Woche ohne Sicherheitsfahrer und betreibt über 1.000 Fahrzeuge, vor allem in Kalifornien. Auch die von Baidu betriebene Plattform Apollo Go in China meldet wöchentlich rund eine Viertelmillion Fahrten, mehr als zehn chinesische Städte verfügen inzwischen über Robotaxi-Angebote.
Robotaxi-Dienste: Nur Testprojekte
Europäische und deutsche Hersteller haben bislang keine vergleichbaren kommerziellen Dienste ohne Sicherheitsfahrer am Markt, sondern arbeiten noch an entsprechenden Testprojekten. Gleichzeitig drängen die heutigen Innovationsführer nach Europa: Baidu plant gemeinsam mit Lyft ab 2026 Robotaxi-Dienste in Deutschland und Großbritannien, Waymo will bereits im kommenden Jahr in London starten.
Bratzel sieht die Gefahr, dass Europa und Deutschland bei zentralen Wertschöpfungsfeldern des autonomen Fahrens ins Hintertreffen geraten. Es sei "realistisch", dass künftig autonome Taxis mit Software aus den USA oder China über ausländische Mobilitätsplattformen vermittelt würden und auf deutschen Straßen unterwegs seien, heißt es in der Studie.