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Finanzexperte im Interview: Warum Chinas Autobauer so schnell und innovativ sind

26.10.2023 10:34 Uhr | Lesezeit: 3 min
Michel Thebault, CEO bei Consors Finanz
Michel Thebault, CEO bei Consors Finanz.
© Foto: Consors Finanz

Warum die Importeure durchaus selbstbewusst auftreten können, erklärt uns Michel Thebault. Der heutige CEO bei Consors Finanz leitete drei Jahre das Asien-Geschäft von BNP Paribas Personal Finance.

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Herr Thebault, was hat den Push in die Fahrzeugmodelle aus China gebracht? Ist es die Software der Fahrzeuge oder sind es auch die mittlerweile bessere Qualität und Verarbeitung?

Michel Thebault: China ist weltweit der größte Automarkt vor den USA und Europa. Chinesische Hersteller von E-Autos wie BYD, Xpeng, Nio, Zeekr oder SAIC Motor mit der Marke MG starten durch und laufen zunehmend alteingesessenen Anbietern von Verbrennern den Rang ab. Erst Anfang des Jahres verlor VW seine Top-Position in China an BYD und landete im Ranking auf Platz 2. Als chinesische Stärke möchte ich drei Punkte benennen: Sie entwickeln ihre Fahrzeuge auf "der grünen Wiese" und haben nicht die Herausforderung, aus Verbrennern ein Elektroauto zu konstruieren. Das macht sie kreativ, flexibel, schnell und innovativ. Eine weitere Stärke liegt in der Technologie.

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Egal ob Software, Apps oder bei der Chip-Herstellung. "Made in China" steht an dieser Stelle für hohe Qualität und technologischen Vorsprung. Als dritter Punkt wäre der Vorteil in der Materialbeschaffung zu benennen. Chinesische Autobauer sitzen an der Quelle der Batterie- und Chipproduktion. Ein Vorteil gegenüber Autoherstellern anderer Länder. Unterstützt werden diese Punkte durch die Offenheit und das Vertrauen der chinesischen Bevölkerung zum Thema automatisiertem Fahren und in die Technologie. Eine Studie von McKinsey aus dem Jahr 2022 hat herausgefunden, dass 60 Prozent der befragten Chinesen bereit wären, ein Level-4-Auto zu kaufen. In Deutschland könnten sich das nur 36 Prozent vorstellen.

Das Versprechen des autonomen Fahrens ist ein gutes Stichwort. Wie weit sind hier die Autohersteller aus China Ihrer Meinung nach?

M. Thebault: China ist neben den USA und Europa bei der Entwicklung zum automatisierten Fahren ganz vorne dabei. Zwei Aspekte nehmen darauf entscheidenden Einfluss: Zum einen werden Milliarden an Budgets eingesetzt und zum anderen ist die chinesische Regierung bestrebt, dass China eine Vorreiterrolle einnimmt. Sie unterstützen aus deren Möglichkeiten heraus bei Genehmigungen von Teststrecken und gesetzlichen Regelungen.

Wann werden die Fahrzeuge komplett Level-3- und Level-4- bis Level-5-Funktionen anbieten können?

M. Thebault: Bei der Umsetzung des automatisierten Fahrens sind aufgrund des Technikschwerpunkts vor allem KI- und Tech-Konzerne im Lead. Fahrzeuge müssen in der Lage sein, sich in der räumlichen Umgebung zurechtzufinden, sich zu vernetzen und mit der Umgebung und anderen Autos zu kommunizieren. Level 3 ist dabei ein großer Schritt auf dem Weg zum vollautomatisierten Fahren, dem sogenannten Level 5. Hier sind die Insassen nur noch Passagiere und nicht mehr Fahrer. Es ist schwierig, zu prognostizieren, wann die einzelnen Level 3 bis 5 flächendeckend und massentauglich eingeführt werden. Ein Zielbild der chinesischen Regierung für Level 3 war 2025. Die technischen Herausforderungen und der Anspruch an höchste Sicherheit für Fahrerinnen und Straßenteilnehmer werden diesen Zeitpunkt nachhaltig beeinflussen.

Mit der Software im Auto ergeben sich Möglichkeiten, Funktionen dazuzubuchen. Wie weit sehen Sie hier die chinesischen Anbieter? Für welche Dienste würden Nutzer welche Preise zahlen?

M. Thebault: "Functions on demand" wird eine immer größere Rolle im Automobilbereich spielen. Dabei reden wir nicht nur von Funktionalitäten, die das Infotainment oder die Navigationssysteme betreffen, sondern auch das Betriebssystem oder die Fahreigenschaften eines Autos. Für die Hersteller sehe ich zwei entscheidende Vorteile: Zum einen können sie das Fahrzeug standardisiert anbieten und jeder Kunde und jede Kundin entscheidet selbst, welche Extras online hinzugebucht werden, und zum anderen ist es für die Hersteller eine weitere Einnahmequelle. Die Kosten sind dabei sehr unterschiedlich, je nachdem, um welche Installation es sich handelt. Zudem können sich Kundinnen und Kunden teilweise zwischen Kauf und Miete entscheiden.

Was bedeutet das On- und Off-Schalten der Funktionen fürs Remarketing der Fahrzeuge, wenn Sie in den Gebrauchthandel gehen?

M. Thebault: Betrachtet man das Gebrauchtwagengeschäft, ist diese Art der Update-Möglichkeit ein Segen. Denn Gebrauchtwagenkäufer können auf diese Weise das Fahrzeug nachträglich unkompliziert "aufrüsten". Das fördert massiv die Attraktivität gebrauchter Fahrzeuge.

Im B2C wird Leasing immer beliebter. Damit lässt sich das Restwertrisiko umgehen, und eine attraktive Rate verkauft ein E-Auto leichter als der oftmals noch sehr hohe Grundpreis.

Vorteile der Hersteller aus China: Sie entwickeln E-Autos "auf der grünen Wiese". Software, Chips und Apps "Made in China" sind technologisch führend. Und die Materialbeschaffung.

Kommen wir noch zum Vertrieb: Was braucht ein chinesischer Importeur an Partnern in Europa, um dauerhaft erfolgreich sein zu können?

M. Thebault: Ich sehe vor allem zwei gute Möglichkeiten für einen dauerhaften Erfolg. Die eine ist das klassische Händlernetz. Hier ist der Händler gleichzeitig Verkäufer wie auch Ansprechpartner für Service und Dienstleistung. Oder das Agenturmodell, das immer mehr im Kommen ist, mit dem Händler, der als Vermittler und Unterstützer bei Service und Dienstleistung agiert. Der Vorteil: Die Autokäufer und Autokäuferinnen bekommen bei beiden Varianten alles aus einer Hand. Haben nur einen Ansprechpartner. Das kann für den Erfolg entscheidend sein.

Dem steht das Leasing gegenüber, dass mit steigenden Raten teurer wird. Was heißt das für die chinesischen Hersteller und deren B2C- und B2B-Geschäfte?

M. Thebault: Das Thema der steigenden Leasingraten betrifft alle Autokonzerne, nicht nur chinesische Importeure. Auch wenn die Raten weiter steigen, wird das der Beliebtheit des Leasings nicht schaden. Ganz im Gegenteil: Es ist eher davon auszugehen, dass der Leasinganteil immer weiter steigen wird. Besonders im B2C-Bereich nimmt das Leasing an Beliebtheit zu.

Zwei Gründe sprechen dafür: Das Restwertrisiko lässt sich zum Beispiel im Zusammenhang mit Elektrofahrzeugen umgehen. Zudem hat unsere diesjährige Studie "Automobilbarometer 2023" von Consors Finanz gezeigt, dass für sieben von zehn Befragten der Preis für ein Elek-troauto derzeit zu hoch ist. Hier können chinesische Hersteller neben erschwing-lichen Preisen mit attraktiven Leasingraten einsteigen. Eine weitere Möglichkeit für eine flexible Autonutzung ist das Auto-Abo mit kürzeren Laufzeiten.


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