Der VMF öffnet sich

19.12.2019 06:00 Uhr

Autoflotte hat im Gespräch mit Dieter Brandl, Leiter der Geschäftsstelle, erfahren, was die Neuigkeiten des Verbandes markenunabhängiger Mobilitäts- und Fuhrparkmanagementgesellschaften in 2020 sein werden.

Seit wann gibt es den Verband markenunabhängiger Fuhrparkmanagementgesellschaften (VMF)?

Dieter Brandl: Seit fast 22 Jahren. Angefangen hat es mit dem VMF-Branchenstandard "Die Faire Fahrzeugbewertung VMF" und "Die Faire Fahrzeugrücknahme VMF" - beides heute eingetragene Warenzeichen. Ursprünglich wurde die Organisation und Transparenz der Branche sogar von der Autoflotte initiiert. Durch die Notwendigkeit ein starkes Gegengewicht zu den damals auf den Markt drängenden Herstellergesellschaften zu setzen und damit die Balance wiederherzustellen, hatten sich die herstellerunabhängigen Leasinggesellschaften im Verband zusammengetan. Zudem sahen sie es als notwendig an, gemeinsame Standards für Fuhrparkleiter zu entwickeln, die von den Mitgliedsgesellschaften des VMF eingehalten werden.

Was planen Sie als modifizierter VMF?

D. Brandl: Unser erstes Ziel: Den VMF auf die neuen Mobilitätsanforderungen auszuweiten, auf ein breites Fundament zu stellen und für die Zukunft vorzubereiten. Es gab wegen Übernahmen sowohl von Non-Captives und auch Captives zuletzt nur noch vier Mitgliedsgesellschaften im VMF, zu denen bereits wieder fünf dazugekommen sind. Der Fokus liegt aber weiterhin auf der Markenunabhängigkeit bzw. Herstellerneutralität. Aufgenommen werden fortan auch kleinere Gesellschaften (früher ging es ab 30.000 Autos los) sowie Start-ups mit neuen Geschäftsideen, nicht nur Leasinggesellschaften, sondern auch Autovermieter, Carsharing-Anbieter u. Ä. Non-Executive-Mitglieder wurden in Premium-Partner umbenannt und haben mehr Möglichkeiten als bisher, ihre Themen in den Verband einzubringen. Die Mitgliederanzahl und Premium-Partner werden in 2019 mindestens verdoppelt. Das Potenzial ist aufgrund der Leistungen des VMF, wie u. a. die attraktiven Zertifizierungsmöglichkeiten, sehr groß.

Namensänderung: Hierin spiegelt sich auch die Ausrichtung wider. Der Verband versteht sich als Ratgeber für die Mobilität der Zukunft. Der VMF heißt jetzt "Verband markenunabhängiger Mobilitäts- und Fuhrparkmanagementgesellschaften". Unser neues Versprechen, das im Claim seinen Ausdruck findet: VMF - Experten für Mobilität im Wandel. Wir wollen eine engere Zusammenarbeit mit anderen Branchen- und Mobilitäts-Verbänden.

Das klingt herausfordernd und spannend zugleich. Wünschen Sie sich neuen Schwung auch von außerhalb der Automobilindustrie?

D. Brandl: Ja, da sind wir völlig offen. So könnten zum Beispiel Unternehmen der Reise- und Versicherungsbranche etc. hinzukommen. Viele Unternehmen sind bereits organisiert, weshalb wir auf deren Verbände zugehen. Als Erstes haben wir mit den Autovermietern gesprochen, die wir gerne als neue Mitglieder aufnehmen. Mit zwei Verbänden sind wir schon in der Anbahnungsphase.

Sind die Anforderungen bei Autovermietern und Leasinggesellschaften nicht sehr unterschiedlich?

D. Brandl: Bei den Autovermietern geht es um Fahrzeuge, die jedes Jahr gekauft, finanziert und Kunden zur Verfügung gestellt werden. Die Herausforderungen wie: Welche Autos werden gebraucht, welche Modelle sind die richtigen für welchen Bedarf, Services usw. haben ja alle. Ebenso die Risiken sowie die Gebrauchtwagenvermarktung am Ende der Laufzeit. Solange es um Autos geht, sind die Mitglieder also mehr oder minder ähnlich fokussiert. Unsere Premiummitglieder und andere Geschäftspartner bieten daher Services, die sowohl für Vermieter als auch für Leasinggesellschaften funktionieren. Als Kooperationspartner haben wir eine unabhängige, sehr bekannte Anwaltskanzlei ins Boot geholt, die sich im Automobilsektor sehr gut auskennt und die in unserem Bereich sehr erfahren ist. Denn die rechtliche Komponente wird immer komplexer. Wichtig ist uns auch der Kontakt zu den Herstellern, damit wir unsere Mitglieder früh informieren können, was es gibt, was kommen wird und auf welche Art und Weise Mobilitätsprobleme gelöst werden können. Es ist ganz wichtig, dass wir die Menschen jetzt abholen, um neue Sachverhalte abzuklären. Die passenden Stichworte lauten hier: Antriebskonzepte, Ladeinfrastruktur, passende Anwendungsszenarien und Sicherheit.

In neuen Märkten muss man also auch seine Geschäftsmodelle anpassen und kommt vielleicht als Leasinganbieter den Vermietern viel näher als bisher?

D. Brandl: Auch bisher liegen die Themen eng beieinander. Jeder Leasinganbieter arbeitet schon mit Vermietern zusammen und sei es nur für die schnelle Verfügbarkeit eines Fahrzeugs im Schadensfall des Dienstwagens. Viele Probleme lassen sich also gemeinsam lösen, zum Beispiel ein Logistiknetzwerk für Fahrzeugüberführungen aufzubauen.

Mit solchen Lösungen lässt sich vieles vereinfachen, woran bisher einfach nicht gedacht wurde. Da kann die Digitalisierung ungemein nützlich sein. Und mit solchen Themen bekommt man dann auch junge Arbeitskräfte, die dafür brennen, und umgeht zeitgleich den Arbeitskräftemangel. Um nur das Thema Schadenmanagement zu nennen: Das muss schneller und mit weniger Mitarbeitern gehen. Dafür muss aber die IT funktionieren, und das kann oft sperrig sein.

Das klingt nach viel Arbeit. Wie viele neue Kollegen benötigen Sie? D. Brandl: Da sprechen Sie einen wunden Punkt an. Wir sind aktuell zu dritt, doch der Zeitaufwand wird mehr. Wenn das so weitergeht, muss ein solider Unterbau her, denn wir, die das aktuell machen, werden das in der Konstellation nicht ewig machen können, sondern irgendwann nur noch beraten oder beaufsichtigen. Unsere Prioritäten waren bislang die Neupositionierung inklusive Marketingplanung, die Neuorganisation und die Akquisition neuer Executive-Mitglieder und Premium-Partner. Als Nächstes kommt die Konsolidierung, die ersten Studien und Projekte zusammen mit den Premium-Partnern für unsere Executive-Mitglieder sowie für deren Kunden und Partner.

Was sind die Themen für die nächsten sechs Monate, die Sie forcieren?

D. Brandl: Wir priorisieren aufgrund des Bedarfs unserer Executive-Mitglieder. Ein wichtiges Projekt wird sein, dass wir zusammen mit den neuen Partnern Ideen entwickeln, die alle betreffen. Dazu gehört beispielsweise die Integration eines Startups, das eine gesicherte Bezahlmethode in "Echtzeit" garantiert. Damit könnte erreicht werden, dass direkt beim Autokauf das Geld transferiert wird, gesichert beim Verkäufer ankommt und der Käufer mit seinem neuen Fahrzeug vom Hof fährt. Der bislang langwierige Prozess wird mit der Digitalisierung enorm beschleunigt, verkürzt Standzeiten und spart Geld. Solche Ideen, Möglichkeiten und Themen stellen wir auf unseren Branchenforen vor, die - das ist neu seit diesem Jahr - drei Mal im Jahr zusammen mit den Premiumpartnern und Executive-Mitgliedern stattfinden.

Sind das die einzigen Termine im Jahr, an denen sich alle Mitglieder treffen und austauschen?

D. Brandl: Zwischen den drei Branchenforen gibt es stets Projekte. Auf den Foren werden Themen präsentiert, wenn sich herausstellt, dass sie für alle relevant sind, wird daraus ein Projekt mit Workshops. Dabei kommt entweder ein neues Produkt für den VMF oder eine Studie heraus oder es wird ein neuer Standard eingeführt.

Wenn man ein Projekt begleitet, aus dem ein Produkt werden soll, begrenzt man sich damit nicht?

D. Brandl: Wir konzipieren als VMF selbst keine Produkte, das machen die Mitglieder mit den Informationen, die wir zur Verfügung stellen. Der VMF selbst erstellt Projekte, um entweder die Basis für Produkte zu liefern oder Services, die für unsere Mitglieder interessant sind. Um wieder beim Beispiel Bezahlvorgang zu bleiben: Jedes Mitglied kann für sich selbst entscheiden, ob und wie es das einsetzt. Wie bereits damals das gemeinsame Projekt VMF-Service Plus - dem automatisierten Managementprozess für Wartung und Inspektion. Das Gleiche gilt für Studien: Wie die Inhalte verwertet werden, entscheidet jedes Mitgliedsunternehmen selbst.

Gibt es beim VMF einen gesperrten Mitgliederbereich? Oder bleibt alles öffentlich, da ja auch die Veranstaltungen teils öffentlich sind?

D. Brandl: Es gibt schon einen Mitgliederbereich, denn heute ist es ja nach Mitgliedern und Premium-Partnern getrennt. Aber auch darüber müssen wir reden und die Partner viel näher an die Mitglieder bringen. Das Ganze läuft jetzt an und wir sammeln Erfahrungen, auch in Bezug auf die Projekte, zu denen auch Premium-Partner oder Externe bei Bedarf geladen sein können.

Was der VMF tut, muss transparent für alle Beteiligten sein, dabei ist interne und externe Kommunikation sehr wichtig. Was wir im Internet und in der Presse veröffentlichen, ist für alle interessierten Fuhrparkleiter und Mobilitätsmanager, Mitglieder und Partner. Die Veranstaltungen sind vorerst nicht öffentlich. Auch darüber werden wir beraten, ob es auch künftig eine öffentliche Veranstaltung geben könnte, wenn Bedarf besteht.

Eine Transparenz für Fuhrparkleiter und Mobilitätsmanager wäre wichtig, entnehmen wir aus der Branche. Zum Beispiel, was das Thema Elektroförderprämie angeht. Planen Sie da etwas?

D. Brandl: Wir haben uns das Thema näher angeschaut, wie es zum Beispiel bei der Zahlung aufgrund von Anträgen durch die Bafa aussieht. Kommt das Geld? Wie lange dauert es? Aus unserer Erfahrung dauert die Zahlung teilweise sechs Monate und länger. Die Kalkulation von Leasing- und Mietfahrzeugen ist jedoch von Tag 1 an auf den Rückfluss angelegt. Kommt dieses Geld nicht, ist das ein Minus für die Leasinggesellschaft. Dazu werden wir auch die neuen Mitglieder befragen, wie problematisch sie das sehen. Und entscheiden danach, ob wir hier gegenüber den entsprechenden Behörden aktiv werden müssen, um schneller und unbürokratischer die Anträge abwickeln zu können.

Interview: Rocco Swantusch

Auf die neuen Mobilitätsanforderungen ausweiten.

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