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Die feinen Unterschiede

31.03.2009 12:02 Uhr

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Die feinen Unterschiede

Ein zertifizierter Rückgabeprozess, bebilderte Schadenkataloge und Gutachten von Sachverständigen zur Dokumentation des Zustands des Leasingrückläufers erhöhen die Transparenz bei der Endabrechnung und sind mittlerweile Standard bei den Leasinggesellschaften. Trotzdem gibt es noch genügend Ermessens- und Handlungsspielraum für die Leasinggeber, wie sich aus ihren Antworten auf unsere Umfrage ablesen lässt, aber auch die Erfahrungsberichte von Fuhrparkmanagern bestätigen.

Die „faire Fahrzeugbewertung“ ist mittlerweile ein Muss. Keine Leasinggesellschaft, ob Mitglied im Verband markenunabhängiger Fuhrparkmanagementunternehmen (VMF) oder nicht, kann es sich heute erlauben, bei der Rückgabe auf fest definierte Standards zu verzichten, die dem Leasingnehmer das Gefühl vermitteln, jeden Schritt nachvollziehen zu können und gerecht behandelt zu werden. Die VMF-Mitglieder verfügen über einheitliche Richtlinien bei der Fahrzeugbewertung, der Rückgabeprozess aller Mitglieder ist vom TÜV Nord zertifziert. „Grundsätzlich muss man sagen, dass die ,faire Fahrzeugbewertung‘ vor allem der Transparenz und Nachvollziehbarkeit – eben der Fairness – dient. Im Falle einer Nachbelastung kann der Leasingnehmer sich darauf verlassen, dass diese gerechtfertigt ist“, sagt Lionel Wolff, Geschäftsführer beim VMF-Mitglied Arval Deutschland.

Auch die Nichtmitglieder schlüpfen gern unter das VMF-Deckmäntelchen und wenden die Verbandsrichtlinien mit nur marginalen Abweichungen an oder haben in Anlehung an die VMF-Standards einen eigenen Richtlinienkatalog entwickelt (siehe Tabelle unten).

Auch ein Schadenkatalog, der jedem Kunden zu Vertragsbeginn ausgehändigt wird oder den er sich jederzeit im Internet ansehen oder herunterladen kann, gehört mittlerweile zum Portfolio der Leasinggesellschaften. Nur zwei Anbieter, die an unserer Umfrage teilgenommen haben, mussten die Existenz eines solchen verneinen. Alle übrigen 20 geben ihren Kunden das Nachschlagewerk über akzeptierte und nicht akzeptierte Schäden an die Hand, damit diese im Vorfeld wissen, für welche Minderwerte bei Vertragsende Nachbelastungen auf sie zukommen. Die Karten, mit denen am Laufzeitende gespielt wird, liegen also offen für alle Mitspieler auf dem Tisch – so die Theorie.

Dennoch kommt es in der Praxis immer wieder zu Unverständnis der Leasingnehmer, wenn ihnen die Endabrechnung ins Haus flattert. Diskussionen und Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien sind dann vorprogrammiert.

Zwei Sichtweisen prallen bei Vertragsende aufeinander

Natürlich kann man die Bewertung immer aus zwei Perspektiven betrachten: Da ist zum Beispiel die Leasinggesellschaft, die Fahrzeuge zum Teil in einem Zustand zurückbekommt, der den Schluss zulässt, dass der Leasingnehmer oder Fahrer sehr nachlässig damit umgegangen sein muss. Und da gibt es den Fuhrparkleiter, der mit seiner Leasinggesellschaft klare Vereinbarungen zur Bewertung von Rückgabeschäden hat, jeden Fahrer und jedes Fahrzeug kennt und schon im Vorfeld zu wissen glaubt, dass bei der Rückgabe nicht viel auf das Unternehmen zukommt, und dann aber aus allen Wolken fällt, wenn Nachforderungen in hoher drei- oder auch vierstelliger Höhe gefordert werden; für Beschädigungen, die er trotz aller Transparenz nicht nachvollziehen kann.

Leasinggesellschaften in unserer Umfrage berichten von Rückläufern, bei denen Inspektionen, Haupt- und Abgasuntersuchungen vergessen wurden, ganze Reifensätze fehlen oder Ersatzschlüssel, Fahrzeugpapiere und Bordunterlagen wie Serviceheft oder Bedienanleitung abhanden gekommen sind (siehe hierzu auch Grafik auf S. 27). Oder sie können auf Leasingnehmer verweisen, die es versäumt haben, den Zahnriemen bei vorgeschriebener Kilometerleistung zu erneuern.

Klar, dass die Leasinggesellschaften solche Mängel in Rechnung stellen müssen, die erheblich zu Buche schlagen können. Schon ein fehlender Schlüssel kann je nach Hersteller das Budget des Fuhrparkbetreibers mit bis zu 200 Euro belasten.

Dann kommen noch Nachbelastungen aufgrund konkreter Schäden am Fahrzeug hinzu. Am häufigsten nennen die Leasinggeber Beschädigungen an Lack und Karosserie, gefolgt von Glas und Felgen (siehe Grafik auf S. 27). Für diese sind nicht nur Hagelschauer, Steinschläge oder Parkschäden verantwortlich. Auch durch qualitativ schlechte Beklebungen können deutliche Beschädigungen entstehen, wie ALD und Business Partner beobachten.

So kommt es dann, dass laut unserer Umfrage für bis zu drei Viertel aller Verträge Nachforderungen am Laufzeitende fällig werden, die sich pro beschädigtem Rückläufer nach Angaben der Leasinggesellschaften auf bis zu 1.000 Euro summieren können (siehe Tabelle rechts). Allerdings sind diese Werte nur bedingt aussagekräftig, da natürlich nicht jeder Kunde mit dieser hohen Summe zur Kasse gebeten wird. So gibt VR Leasing zum Beispiel einen Durchschnittswert von 400 Euro pro Rückläufer an, betont aber, dass es eine größere Anzahl von Kunden mit einer geringen Nachbelastung gebe, die in der Durchschnittsbetrachtung von einigen Kunden mit vergleichsweise hohen Belastungen wieder relativiert werde. „Nach unserer Beobachtung sind es die Ausreißer, die für diesen hohen Durchschnitt mitverantwortlich – jedoch keineswegs repräsentativ – sind“, sagt Hans-Jürgen Pöschko, Leiter Fahrzeugverkauf bei VR Leasing. Und Atlas Auto-Leasing erläutert, dass in der durchschnittlichen Nachbelastung von 300 Euro auch kleinere, während der Laufzeit entstandene Schäden enthalten sind, deren umgehende Beseitigung für die Leasingnehmer unwirtschaftlich gewesen wären. „So muss der Fahrzeugnutzer wegen eines Steinschlags in der Windschutzscheibe außerhalb des Sichtfelds oder eines Hagelschadens keinen zusätzlichen Werkstattaufenthalt in Kauf nehmen“, sagt Christian Kiffe. „Wir überwachen die Meldefristen bei den Versicherungen und rechnen die Schäden gegebenenfalls bei der Rückgabe ab“, so der Geschäftsführer weiter.

Für ähnlich unpräzise halten Leasinggesellschaften die Prozentzahl der Leasingverträge, für die Nachforderungen fällig werden. So gibt Atlas beispielsweise mit 55 Prozent noch eine eher moderate Quote an, betont aber, dass diese von Fuhrpark zu Fuhrpark variiere und zwischen null und 100 Prozent liege.

Fuhrparkleitern reicht die Transparenz nicht aus

Befragt man die Fuhrparkverantwortlichen zu ihren Erfahrungen mit der Rückgabe von Leasingfahrzeugen und Nachbelastungen am Laufzeitende, zeigt sich ein anderes Bild. Trotz aller Beteuerungen ihrer Leasinggesellschaften zur Fairness bei der Rückgabe sehen die von uns befragten Flottenchefs einen deutlichen Optimierungsbedarf bei der Bewertung von Rückgabeschäden. Zwar lobten sie, dass – zum Zwecke der Transparenz – bei kritischen Fällen Fotos gemacht würden; deren Qualität wurde aber mehrfach bemängelt. „Die vermeintlichen Schäden sind auf den Fotos nicht oder nur schwer erkennbar“, sagt einer von ihnen, der wie seine Kollegen bei diesem brisanten Thema anonym bleiben will. „Hier beginnen die Diskussionen.“

Die Aussagekraft der Fotos zweifelt auch ein anderer Fuhrparkchef an und findet: „Eine beweiskräftige Fotodokumentation sollte immer machbar sein im Zeitalter der Digitalfotografie.“ Und er ärgert sich über das „Schema F“ der Gutachter, die sich gerne mal über rahmenvertragliche Vereinbarungen hinwegsetzen: „Wir streiten um die vertragskonforme Betrachtung, die zugegebenermaßen aufwendiger ist.“ Er kritisiert zudem, dass bei einem Kombi die Kratzer im Bereich der Ladezone am Stoßfänger hinten regelmäßig als überdurchschnittlich gewertet werden, und wünscht sich, dass betriebsgewöhnliche Nutzungsspuren gewerblich genutzter Fahrzeuge anders bewertet werden als die bei privat genutzten.

Ein weiterer Fuhrparkmanager findet, dass zwar der Rückgabeprozess von der Abholung bis zur Gutachtenerstellung klar mit dem Leasingpartner geregelt sei, empfindet aber den Kriterienkatalog bei der Bewertung als nicht transparent genug. „Somit kommt es bei der Rückgabe immer wieder zu unnötigen Diskussionen über die Höhe der Rückgabekosten zwischen Fuhrparkmanager und Leasinggesellschaft. Unsere internen Reportings haben ergeben, dass wir durchschnittlich 2.000 Euro pro Fahrzeug an Minderwerten zahlen“, sagt er.

Einige der von uns befragten Fuhrparkleiter beobachten auch, dass die Nachbelastungen aktuell gerade steigen, und vermuten einen Zusammenhang mit der schwierigen Restwertsituation bei den Leasinggesellschaften. „Ich werde den Verdacht nicht los, dass die Diskussionen über Rückgabeschäden mit den derzeitig sinkenden Restwerten diametral zunehmen“, sagt einer. „Ich gehe davon aus, dass es schwieriger wird. Die Anzeichen sind schon erkennbar“, sagt ein anderer.

Diese Befürchtungen decken sich mit den Ergebnissen einer Umfrage, die wir Ende Februar auf unserer Website www.autoflotte.de gestartet haben. Danach konstatieren insgesamt drei Viertel der Teilnehmer, dass die Nachbelastungen aktuell gestiegen seien, von ihnen bemerken 48 Prozent derzeit sogar deutliche Steigerungen. Nur 27 Prozent finden, dass die Höhe der Nachforderungen kontant geblieben sei (siehe Grafik. S. 27).

Ermessensspielraum vorhanden

Ein Fuhrparkmanager findet, dass die Leasinggesellschaften trotz der „fairen Fahrzeugbewertung“ noch genügend Ermessensspielraum hätten. „Gehen die Schäden über das übliche Maß hinaus, so gibt es bekanntermaßen in vielen Fällen auch verschiedene Reparaturansätze – von Smart Repair bis zum ,vollen Programm‘. Es ist nicht schwer zu erraten, welche Möglichkeit hiervon eine Leasinggesellschaft am liebsten wählt“, sagt er. Letztlich werde zwar „nur“ der Minderwert in Rechnung gestellt, aber da dieser aus der eigentlichen Reparaturhöhe, der Kilometerleistung und aus dem Alter des Fahrzeugs ermittelt wird, könne er durch zunächst zu hohe Reparaturansätze unnötig in die Höhe getrieben werden, so seine Beobachtung. „Ich habe festgestellt, dass die Leasinggesellschaften diesbezüglich höchst unterschiedlich vorgehen. Auch wenn sie im Rahmen der ,fairen Fahrzeugbewertung‘ regelmäßig zertifiziert werden, sagt das nur bedingt etwas darüber aus, wie sie in der Praxis arbeiten“, so sein Fazit.

Ein anderer bemängelt, dass die Leasinggesellschaften alle Minderwerte pro Fahrzeug zusammenzählen, um den Gesamtminderwert zu ermitteln. „Die Summe aller Einzelminderwerte kann nicht gleich Summe des Gesamtminderwertes sein“, beklagt er. Letzterer müsse geringer sein. Auch, dass oft für jeden Schaden eigene Instandsetzungskosten kalkuliert würden, findet er aufgrund der dann mehrfach vorkommenden Rüst- und Vorbereitungszeiten nicht gerechtfertigt.

Auch die Antworten der Leasinggesellschaften zeigen, dass es durchaus Ermessensspielräume bei der Fahrzeugbewertung gibt. Besonders deutlich zeigt sich das bei der Bewertung von Pkw und Transportern: Während einige Gesellschaften – unter ihnen auch VMF-Mitglieder – Schäden an beiden Fahrzeugtypen gleich bewerten, geben andere Gesellschaften an – unter ihnen zum Teil ebenso VMF-Angehörige – bei Gebrauchsspuren und kleinen Schäden an Transportern toleranter zu sein. „Aufgrund der unterschiedlichen Nutzungsintensität müssen andere Kriterien herangezogen werden, zum Beispiel bei der Ladekante, im Laderaum, Innenraum und bei Einbauten“, teilt die BMW-Tochter Alphabet mit. Die inhabergeführte Atlas Auto-Leasing bewertet Transporter deutlich kulanter: Dellen und Kratzer auf der Ladefläche und im Aufbau sind selbstverständlich, der Verschmutzungsgrad im Fahrgastraum darf höher sein als beim Pkw und Beklebungen gelten hier als Normalfall. „Es versteht sich von selbst, dass die Beanspruchung eines Transporters und somit die Definition von ,laufleistungsanalogen Schäden‘ beziehungsweise ,normalen Gebrauchsspuren‘ anders als die eines Pkw ist“, heißt es auch beim VMF-Mitglied Athlon. Ein weiteres VMF-Mitglied, ALD, argumentiert genau gegensätzlich und sieht es als Grundprinzip einer fairen Beurteilung an, dass weder zwischen Fahrzeugarten noch zwischen Fahrzeugtypen unterschieden wird. So wie ALD lassen auch acht weitere Leasinggeber keine größere Kulanz bei Beschädigungen von Transportern walten.

Aber langsam tut sich etwas. So gab Sixt Leasing dieses Jahr erstmals an, bei der Rückläuferbewertung zwischen Transportern und Pkw zu unterscheiden. Das musste sie im vergangenen Jahr noch verneinen. Auch gibt der Leasinggeber aus Pullach bei München neuerdings, wie derzeit nur vier weitere Gesellschaften, getrennte Schadenkataloge für beide Fahrzeugtypen heraus. Bleibt zu hoffen, dass – für noch mehr Fairness bei der Rückgabe – weitere Anbieter nachziehen werden. Mireille Pruvost 

Leasingrückgabe

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