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Luftanalysierer Deus Pollutrack und Geotab: So schmutzig ist Europa

11.07.2022 06:00 Uhr | Lesezeit: 6 min
Abgas; CO2; Auspuff; Klimaziel
Die Luft in Europas Städten ist schlecht.
© Foto: webmetix.de / stock.adobe.com

Auch ohne die offiziellen Zahlen der WHO zu kennen, wissen die meisten: Die Luft in Europas Städten ist schlecht. Wie schlecht, ist hingegen oft unbekannt. Deus Pollutrack und Geotab wollen das ändern.

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Das Gute vorweg: Würden alle Autos so sein wie der Toyota Mirai, wären wir gewiss, dass die Luft mit jedem Meter Fahrt sauberer wird. Glauben Sie nicht? Ist aber wahr. Toyotas Brennstoffzellen-Limousine ist das erste Serienfahrzeug, das die Luft reinigt. Vorne saugt der Japaner schmutzige Luft an, hinten kommt saubere raus. Ein Aktivkohlefilter und etwas Technik machen es möglich, dass der Mirai auf 10.000 Kilometer so viel Luft reinigt, wie ein Mensch pro Jahr zum Atmen benötigt. Warum die Industrie das nicht bei allen E-Autos macht? Das wissen auch wir nicht.

Die Luftanalysierer

Wir wissen hingegen, dass es Unternehmen gibt, die sich um das Messen der Luft bemühen. Im konkreten Fall haben wir zwei besucht. Geotab und Deus Pollutrack. Das Stichwort bei beiden lautet Echtzeit-Monitoring-System zur Messung der Luftqualität. Beide Unternehmen legen dabei nicht alleine den Fokus auf stationäre Messinseln, wie es sie heute bereits in vielen Städten gibt, denn unisono sagen sie, dass das zur Analyse der Luft nicht ausreicht. Die Probleme, die dadurch entstehen können, hat man am Neckartor in Stuttgart erlebt - das sei der schmutzigste Ort in Deutschland. Gearbeitet wurde dabei jedoch mit Daten, die nur an einer Stelle erhoben wurden, also extrem punktuell. Im Fall des Neckartors in der Nähe einer Ampelanlage und entsprechend hohen Abgasen und Reifen- sowie Bremsabrieb (Feinstaub). Dass es 100 Meter weiter anders aussieht, wird nicht registriert. Im Münchener Stadtzentrum sind derzeit drei Messanlagen installiert. Ein aussagekräftiges Urteil über die Luftqualität in München ist damit nur sehr vage zu treffen. Interessierte können übrigens über umweltbundesamt.de/daten/luft/luftdaten die Luftqualität am Messpunkt in vielen Städten einsehen.

Diese vagen Daten waren dem Messtechnik-Duo nicht genau genug. Zwar gibt es laut Marc Nodorft, Co-Founder von Deus Pollutrack, im "Smart-City-Bereich" große Wettbewerber aus Deutschland, beispielsweise Bosch und Siemens, aber stark im Kommen sind Anbieter aus China und den USA. "Das Interesse um die Luft" ist laut Nodorft vorhanden und Gespräche mit Stadtvertretern gibt es zur Genüge. Ein Thema, das immer aufkommt: Eigentum und Hoheit der ermittelten Daten. Die "Städte" wollen stets die komplette Hoheit haben, was nur bedingt umsetzbar ist.

Deus Pollutrack plädiert deswegen für den Einsatz europäischer Technologien zum Ermitteln der Luftqualität, wie es mit den eigenen Messnetzen in mittlerweile 23 europäischen Metropolen wie London, Hamburg, Rotterdam, Madrid, Warschau und Paris offeriert wird."Wenn man schaut, wo Pilotprojekte in großen Städten aufpoppen, ist ganz häufig Google dabei. Stehen große amerikanische Konzerne vor der Tür, geht diese meist ganz weit auf. Kommen indes europäische Mitbewerber, überwiegt häufig erstmal die vornehme Zurückhaltung", beschreibt Nodorft ein Dilemma, das in der freiem Wirtschaft oftmals von kleinen und mittelständischen Betrieben angesprochen wird.

Prädestiniert: ÖPNV und KEP

Ortswechsel: Beim Besuch bei Geotab in Aachen vor knapp zwei Jahren waren die mobilen Messgeräte auf den Bussen des ÖPNV installiert, die feste Routen fuhren, um Unterschiede analysieren zu können. Hier stellte sich heraus, dass 13 Busse ausreichen, um 70 Prozent der Verkehrsfläche der Stadt abzudecken. Ein kleines Kästchen mit Mess-Equipment kommt sowohl bei Geotab als auch bei Deus zum Einsatz. Auch Autoflotte ist einige Wochen mit einem Geotab-Messgerät durch München gefahren und konnte im "MyGeotab-Portal" sehen, wie sich die Luft innerhalb Münchens je nach Uhrzeit, Tag und Wetter verbessert oder verschlechtert, und das fast metergenau. Die Daten werden analysiert und in einer so genannten "Heatmap" dargestellt. Dadurch können Hotspots identifiziert und Maßnahmen zur Reduktion von Emissionen objektiv bewertet werden, um Lösungen, wie intelligente Lichtsignalanlagen oder eine optimierte Routenführung - basierend auf aktuellen Luftqualitätswerten -, zu erstellen.

Laut Geotab kostet ein stationärer Standort mehrere 100.000 Euro, weshalb eine Flächenabdeckung kaum möglich scheint, vielmehr ergibt das Zusammenspiel aus stationären und mobilen Messeinrichtungen Sinn und liefert zuverlässige Daten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nennt Feinstaub (Particulate Matter - PM), Stickstoffdioxid (NO2), Schwefeldioxid (SO 2) und bodennahes Ozon (O 3) als die für die Gesundheit gefährlichsten Luftschadstoffe. Die Partikelgröße spielt beim Feinstaub eine besondere Rolle. Feinstaub wird je nach Größe in grobe Partikel (PM 10) und feine Partikel (PM 2,5) unterteilt. "Wir gehen bei den Messungen bis auf PM 1 runter - mit einer durch die französische CNRS bestätigten Genauigkeit der Geräte. Damit liefern wir Indikatoren, mit denen die Behörden zuerst untersuchen können, wie die Luftqualität im gesamten Stadtgebiet in der Fläche in Echtzeit aussieht und wir gemeinsam mit den Behörden und mit weiteren Experten analysieren können, was die Ursache für bestimmte Hotspots sein könnte", konstatiert Nodorft.

"Im Minimum haben wir pro Stadt 100 mobile und 20 stationäre Luftmessanlagen. In Paris haben wir rund 500 Sensoren im Einsatz. Die mobilen Einheiten, die beispielsweise auf den Flottenfahrzeugen der DPD Group montiert sind, sind sehr genau, da die Daten regelmäßig mit den stationären Sensoren abgeglichen werden. Die Basis für dieses Verfahren bietet ein erteiltes weltweites Patent unseres Partners der Pollutrack SAS." Doch damit nicht genug.

Deus Pollutrack hat ein Prognosesystem entwickelt, in das Wetterdaten aus den eigenen Stationen integriert werden. Die Pilotstädte sind Teltow und Halberstadt. "Beides sind ideale Städte, da sie klein sind und damit solche Piloten deutlich vereinfachen. In Summe sind dort 150 Sensoren im Einsatz. Wir benötigen das Wetter am stationären Messpunkt, damit das Prognosesystem korreliert mit der Wetterprognose einen Ausblick geben kann, wie die Schadstoffbelastung, beispielsweise morgen, sein wird." Damit ist es möglicht, ein umweltsensitives Verkehrsmanagement betreiben zu können.

Wo sind die Green Zones?

Eine wichtige Erkenntnis aus den Daten ist nicht nur, welche Bereiche in der City besonders belastet sind, sondern vor allem, welche besonders sauber sind. "Green Zones" nennt es Nodorft und beschreibt das Problem des Ultra-Feinstaubs, der keine natürliche Barriere auf seinem Weg in den menschlichen Körper kennt.

"Er ist sogar blutgängig. Bei den Nahrungsmitteln haben wir Grenzwerte, weil sich ab bestimmter Konzentrationen im Körper Stoffe und Partikel anreichern, was zu unerwünschten gesundheitlichen Reaktionen führen kann. Inwieweit diese - wie es oft verbreitet wird - zum vorzeitigen Tod führen, ist aus meiner persönlichen Sicht nicht wirklich exakt belegbar. Unstrittig sind die enorm negativen Auswirkungen von Luftschadstoffen für den menschlichen Organismus - vor allem je kleiner diese Nanopartikel sind. Das kann man - ohne Mediziner zu sein - unterstellen."

Mit den analysierten Daten können Empfehlungen gegeben werden, wo man intensiv Sport treiben kann."Wir definieren Hotspots, also Bereiche, die 50 Prozent über dem Stadtdurchschnitt liegen", sagt Nodorft und zeigt auf eine Darstellung, in der sich gerade Hamburg mit einem recht sauberen Durchschnitt präsentiert. "Aber hier, im Hafenbereich, haben wir in der Regel immer eine höhere Belastung. Das ist oft auch bei Bahnhöfen festzustellen. Dort ist der Bremsabrieb der Züge einer der Hauptgründe für den gefährlichen Feinstaub." So lassen sich gerade Areale um Kindergärten, Schulen und Altenheime gut analysieren und Gegenmaßnahmen einleiten. Allein in Hamburg konnten elf Green Zones identifiziert werden, welche auch über einen Zeitraum von über einem Jahr stabil geblieben sind.

Die Möglichkeiten der Luftmessung - und im zweiten Schritt der Luftverbesserung - sind also bereits längst vorhanden. Jetzt sind "die Städte" gefragt, die Daten erheben zu lassen, diese auszuwerten und die richtigen Maßnahmen zu treffen. Der Toyota Mirai zeigt eine Möglichkeit, wie Unternehmen bereits jetzt einen ganz kleinen Hebel haben, die Luftqualität zu verbessern - starten Sie doch mal.

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