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Gemeinsam in der Pflicht

02.07.2018 06:00 Uhr

Auf Einladung der Autoflotte diskutierten zehn Fuhrparkexperten, wohin es künftig antriebsseitig in den Fuhrparks geht. Ein Fazit: Die Debatte muss sachlicher geführt werden als bisher.

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_ Wie ist der Status quo in Sachen Diesel im Fuhrpark? Welche alternativen Antriebe eignen sich heute und in Zukunft in der Praxis für Verbrennungsmotoren? Und was hindert Fuhrparkverantwortliche heute, auf neue Antriebskonzepte umzusteigen? Diese und andere Fragen waren am 7. Juni in den Münchner Redaktionsräumen der Autoflotte Thema des Roundtables "Antriebsformen der Zukunft".

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Die Revolution lässt sich Zeit, der Wandel schreitet langsam voran. Auf vier Punkte einigten sich die anwesenden zehn Fuhrparkexperten grundsätzlich:

- Der Diesel ist und bleibt auch mittelfristig die wichtigste und ökonomischste Antriebsart im Fuhrpark.

- Es fehlt am Willen der Politik, die Umstellung auf neue Antriebsarten aktiv zu gestalten. Dementsprechend existieren zu wenig klare Vorgaben.

- Den Fahrern fehlt es oftmals an Faktenwissen über neue Antriebsarten. Medien, Autobranche und Fuhrparkverantwortliche sind gefragt, die Diskussion zu versachlichen und so die Motivation zu erhöhen, umweltfreundliche Antriebe zu nutzen.

- Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos ist noch lange nicht abgeschlossen.

Seine Dieselbestellungen storniert hat keiner der anwesenden Fuhrparkleiter. "Bei allem politischen Durcheinander", so Axel Schäfer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Fuhrparkmanagement (BVF),"unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten gibt es derzeit keine Alternative, die den Diesel im Fuhrpark ersetzen könnte." Zumal die meisten Diesel in Unternehmensfuhrparks die Euro-6-Norm erfüllten. Auch BSH Hausgeräte in München setzt weiter auf den Selbstzünder."Wir sind weiterhin Diesel-Fans", so Fuhrparkleiter Andreas Grüneisl. Er fügte aber hinzu:"Weil uns nichts anderes übrig bleibt."

TCO-Vorteil

Denn, so pflichtet sein Kollege Marcel Lenz ihm und Schäfer bei, schließlich sei der Diesel unter TCO-Gesichtspunkten unschlagbar. Und da die BSH-Flotte überwiegend aus Euro-6-Dieseln besteht, hat Lenz auch keine Angst vor drohenden Einfahrverboten. Entspannt wäre er aber auch mit Euro-5-Dieseln: "Wir sind Lieferverkehr und damit Anlieger, für uns sind mögliche Fahrverbote bei der Entscheidung für oder wider Diesel nicht ausschlaggebend."

Auch wenn diese Betrachtungsweise der individuellen BSH-Nutzungssituation entspringt, während des Autoflotte-Roundtable offenbarte niemand übertriebene Angst vor Fahrverboten. Auch Bestrebungen, verstärkt und zwingend vom Diesel auf den Benziner zu wechseln, äußerten die Teilnehmer nicht. Das gilt auch für Jörg Martini, geschäftsführender Gesellschafter der Firma Final, der allerdings von Fällen anderer ihm bekannten Unternehmen berichtete, die quasi spontan vom Diesel auf Benziner umstiegen. Für ihn allerdings "ein bedauerliches Ergebnis der unsachlichen Diskussionen."

Eine Meinung, die das Plenum im Ganzen teilte. So auch Volkswagen-Leasing-Geschäftsführer Knut Krösche, der die Rolle seines Konzerns in Sachen Diesel-Diskussion zwar kritisch würdigte, sich aber dennoch mehr Sachlichkeit in der medialen Berichterstattung wünschte. Ähnlich differenzierte auch Axel Schäfer: "Abgasmanipulationen sind nicht in Ordnung. Dagegen muss man etwas tun. Aber die argumentative Gemengelage ist und bleibt unübersichtlich, da gilt es, Argumente stärker zu kanalisieren."

Mehr Ratio, weniger Emotion könnte also ein wichtiger Schritt in Richtung neuer und ökologischerer Antriebe sein. Denn, so meint nicht nur Roland Meyer, Geschäftsführer von Leaseplan Deutschland, die einseitige Verteufelung des Diesels führe genau zum Gegenteil des Gewünschten:"Wenn wir jetzt alle auf Benziner umsteigen, bekommen wir ein großes CO2-Problem." Deshalb rückt auch der Leaseplan-Fuhrpark selbst nicht generell vom Diesel ab. Wer bei den Neussern allerdings 30.000 Kilometer oder weniger pro Jahr fährt, hat jetzt auch die Möglichkeit, einen Benziner oder Benzin-Hybrid zu wählen. Für André Janssen-Timmen, Leiter Vertrieb an Flotten- und Gewerbekunden bei BMW, gibt es ebenfalls keinen Grund zur Abkehr vom Selbstzünder: "Der Dieselmotor ist eine der effizientesten Antriebsformen, die derzeit in Fahrzeugen verbaut werden, und dank des mehrstufigen Abgasreinigungsverfahrens auch sehr sauber." Vor dem Hintergrund der ersten Diesel-Durchfahrtsverbote in Hamburg meint er:"Zielführend wäre eine möglichst EU-weite Harmonisierung und Regelung, die der Verunsicherung entgegenwirkt und die Luftqualität in europäischen Städten in dem gebotenen Rahmen der Verhältnismäßigkeit verbessert."

WLTP? Kein Problem!

Ein Thema, dessen sich die Politik in der jüngeren Vergangenheit angenommen hat, ist die Verbrauchsmessung. Mit Einführung der neuen WLTP-Messnorm, die auf dem Papier in vielen Fällen zu höheren Verbräuchen und CO2-Ausstößen führen wird, wird sich für die Fuhrparkleiter in der Praxis aber wenig ändern, so der Tenor des Autoflotte-Roundtables. "Die Umstellung auf den WLTP-Zyklus interessiert uns überhaupt nicht", so BSH-Fuhrparkleiter Marcel Lenz. Denn:"Wir testen unsere Fahrzeuge selbst." So ermitteln die Münchner die für den individuellen Einsatz der Fahrzeuge realistischen Verbrauchs- und CO2-Wert. Und auch Martin Kaus sieht keinen Anlass, wegen der WLTP-Einführung in Aktionismus zu verfallen. Schließlich hätten die User Chooser in der Vergangenheit ihren Fokus mehr auf technische oder stylische Ausstattung gerichtet als auf den CO2-Ausstoß Ihres Fahrzeugs. "Wir haben seit 2016 eine CO2-basierte Car Policy inklusive Bonus-Malus-Regelung", erklärte Kaus. "Und das hat in der Praxis keinen wirklich interessiert." Das beobachtet auch BVF-Geschäftsführer Schäfer: "Dienstwagenfahrer verzichten im Zweifel lieber auf sicherheitsrelevante Ausstattung, als einen kleineren Motor wählen zu müssen." Sowohl Kaus als auch Schäfer bejahten die finanziellen Auswirkungen für Fuhrparks, da höhere CO2-Ausstöße auf dem Papier direkte Auswirkungen auf die Berechnung der Kfz-Steuer haben."Schon der ehemalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble rechnete mit Mehreinnahmen von bis zu 1,1 Milliarden Euro pro Jahr", erinnerte Schäfer.

Eine konkrete Auswirkung hat die Umstellung auf WLTP allerdings. Weil die Hersteller nun jede erdenkliche Ausstattungskombination einzeln zertifizieren müssen, mangelt es derzeit an Prüfstandkapazitäten. Die Folge: Lieferverzögerungen. "40 bis 50 Prozent der Volumenautos sind derzeit nicht bestellbar", konstatierte Roland Meyer von Leaseplan. Diese Aussage relativierte André Janssen-Timmen allerdings mit Blick auf das Flottengeschäft von BMW: "In den Modell-, Motor- und Ausstattungskombinationen, die unsere Flottenkunden bei uns nachfragen, sind wir aktuell und perspektivisch nahezu zu 100 Prozent verfügbar. Die WLTP Auswirkungen auf den BMW-Anteil der Flotten ist aktuell also sehr begrenzt."

Keine Restwertpanik

Auch wenn die Fuhrparkleiter als Profieinkäufer die Diskussionen um Diesel und Verbrauchsmessungen sachlich betreiben, auf Privatkundenseite ist das - aus Sicht der Teilnehmer auch aufgrund reißerischen Medienverhaltens - meist nicht so. Welche Folgen hat das für die Restwerte der Diesel-Flottenfahrzeuge, die nach Leasingende ja im Privatmarkt zum Verkauf stehen? Aus Sicht von Andreas Geilenbrügge, Manager Analysis and Insights bei Schwacke, keine gravierenden und sinkende Restwerte seien nicht allein auf die Diesel-Krise zurückzuführen. "Wir beobachten erst seit 2017 verstärkt Restwertrückgänge bei Dieseln, und das neben der Dieselkrise vor allem auch aufgrund des ohnehin großen Angebots an Dieselautos", so Geilenbrügge. Über den Gesamtmarkt hinweg die Restwertveränderungen zu beziffern, ist laut Geilenbrügge nicht sinnvoll, nach 2019 erwartet er aber eine Entspannung der Restwertsituation. "Schon allein, weil der Nachschub abnimmt." Aber auch heute müssen die Vermarkter aus seiner Sicht nicht in Panik verfallen: "Der Diesel ist nicht tot. Es verkaufen sich immer noch reichlich gebrauchte Diesel."

Wenig Nachfrage nach Stromern

Lässt man all diese Aussagen Revue passieren, so wundert es nicht, dass sich die Elektromobilität bislang noch nicht als Massenantrieb durchgesetzt hat. Das ist zumindest heute auch in den meisten Flotten noch der Fall."Es kommt keiner zu mir und sagt, ich möchte ab jetzt nur noch E-Autos fahren", berichtet Martin Kaus. Er stellt aber gleichzeitig klar: "Auch wenn wir die nächsten 20 Jahre ohne den Diesel nicht auskommen werden: Die E-Mobilität wird kommen und hat für bestimmte Einsatzbereiche schon heute ihre Berechtigung." So sieht es auch BSH-Mann Lenz, der auch privat überzeugter E-Auto-Fahrer ist und in München zwei E-Transporter im Fuhrpark betreibt:"Die Autos machen heute in der Stadt Sinn." Anders als Kaus berichtet Lenz durchaus von - wenn auch bislang verhaltener - Fahrernachfrage nach E-Autos. Von 730 Technikern hätten etwa 20 aktiv nach Stromern gefragt. Aber: "Wir können diese Anfragen nicht immer positiv beantworten - sei es, weil die Autos nicht zum Einsatzprofil passen oder weil gerade erst ein neuer Verbrenner geleast wurde." Dass viele Fahrer der E-Mobilität mit Skepsis gegenübertreten, bestreitet Lenz dabei nicht: "Natürlich sagen viele, die E-Mobilität passt für mich nicht. Aus Überzeugung oder weil sie falsch informiert sind." Beiden Gruppen tritt er mit einem Podcast entgegen, in dem er über E-Fakten informiert. Ein Beispiel: "Viele sehen ja nur den hohen Fahrzeugpreis, aber nicht die insgesamt geringeren TCO."

Was sind also die Gründe, weshalb sich die E-Mobilität nicht schon heute stärker durchsetzt? Ein wichtiger Grund sind - neben der für viele Einsatzzwecke noch zu geringen Reichweite - die Lücken in der Ladeinfrastruktur. "Für Außendienstler im Langstreckenverkehr macht E-Mobilität weiterhin keinen Sinn", offenbarte Martin Kaus ein offenes Geheimnis, und er ergänzte: "Wo lädt mein Mitarbeiter das Auto, wenn er im fünften Stock wohnt?" Ähnlich sieht es Roland Meyer:"Wer mit dem E-Auto sein Heimatareal verlässt, lässt gleichzeitig die Möglichkeit hinter sich, sein Auto zu laden." Zu geringe Reichweiten sieht er allerdings heute weniger als Problem ("100 Kilometer pro Tag reichen in vielen Fällen"), sondern unterschiedliche, untereinander nicht kompatible Abrechnungssysteme.

Infrastruktur ausbauen

Neben der Erhöhung der Reichweiten (Marcel Lenz: "Wir müssen mit einer Akkufüllung wieder bis nach Hause kommen, unterwegs zu laden ist verschenkte Zeit und kostet Geld.") liegt die Herausforderung also im Ausbau der Ladeinfrastruktur, vor allem für die effizienzgetriebenen Flotten. Die, so weiß Michael Peukert, Leiter Vertrieb Geschäftskunden Deutschland, Österreich und Schweiz bei Innogy, nutzten E-Mobile in der Vergangenheit hauptsächlich aus Marketinggründen oder um erste Erfahrungen mit der neuen Technologie zu sammeln. Im Vergleich zu Verbrennern zahlten sie aber auch heute noch manchmal drauf. Um das zu ändern, sei es wichtig, E-Mobilität ganzheitlich zu betrachten. Hersteller und Ladeinfrastruktur-anbieter müssten den Kunden ganzheitlich beraten, so Peukert. "Wir müssen sehr transparent und nachvollziehbar kommunizieren, wie E-Mobilität im Detail funktioniert und welche Vor- und Nachteile sie im konkreten Anwendungsfall bietet." Nur dann hätten Fuhrparks die Möglichkeit, E-Mobile sinnvoll in ihr individuelles Anforderungsprofil zu integrieren.

Dazu gehört für die Unternehmen auch, sich konkrete Gedanken über die Nutzung von E-Autos zu machen. "Viele denken, sie müssen vor allem unterwegs laden können", berichtet Peukert aus seinen Erfahrungen. "Dabei finden rund 80 Prozent der Ladevorgänge zu Hause oder am Arbeitsplatz statt." Also dort, wo so oder so lange Standzeiten anfallen. Daneben erfordert der Langstreckeneinsatz auf Autobahnen ein dichtes Netz an Ladesäulen, denn, so Peukert: "Elektromobilisten laden dort, wo sie parken oder Rast machen, nicht umgekehrt. Niemand fährt aktiv zum Laden."

Laden während der Arbeitszeit bedeutet aber immer auch: Investitionen vor Ort. Und zwar nicht nur in sichtbare Gerätschaften wie Ladesäule oder Wallbox, sondern auch in die Verkabelung unter der Erde."Wir fahren deshalb einen ganzheitlichen Beratungsansatz", sagt Peukert. "Denn es macht wenig Sinn, wenn sich der Kunde erst Elektrofahrzeuge kauft und ihm dann klar wird, dass auch Kosten für die Infrastruktur entstehen." Zumal der Aufbau einer Ladeinfrastruktur auch aus Sicherheitsaspekten nicht trivial sei: "Da bedarf es erfahrener Partner wie Innogy", so Peukert. "Auch der Elektriker um die Ecke kennt sich mit den anfallenden Aufgaben zur Sicherstellung der benötigten Ladeleistung oft nicht so gut aus."

Wandel braucht Zeit

Damit die Fuhrparks sich überhaupt verstärkt Gedanken über die Installation der E-Infrastruktur machen, ist aus Sicht der Teilnehmer - und das gilt für die Gesamtgesellschaft - zunächst eine neue Mobilitätsmentalität nötig. Axel Schäfer dazu: "Wir brauchen einen Kulturwandel in den Köpfen der Menschen. Wir alle müssen uns fragen, ob wir nicht auch mal einen Umweg von A nach B in Kauf nehmen können, wenn wir unsere Mobilität dazu ökologisch verbessern können.

Auch die Frage, ob es bei Mobilität weniger komfortabel sein darf, ist eine Frage, die sich in den Köpfen der Menschen entscheidet." Sich damit auseinanderzusetzen, sei Aufgabe jedes Einzelnen, so Schäfer, allerdings hätte hier auch die Politik die sinnvolle Aufgabe, einen Kulturwandel herbeizuführen. Das sieht André Janssen-Timmen ähnlich: "Das notwendige Umdenken an dieser Stelle muss in der gesamten Gesellschaft erfolgen." Und auch Andreas Geilenbrügge sagte:"Wenn es den Kunden wirklich um die Umwelt ginge, würden sie in größerer Zahl vom Diesel auf alternative Antriebe wechseln und nicht auf den Benziner." Wobei es beim E-Antrieb, so wandte Knut Krösche ein, immer auf die Gesamt-CO2-Bilanz ankäme. Er stellte die Frage in den Raum: "Wann ist denn ein E-Auto ökologisch?" Die Antwort, die Michael Peukert gab, war klar und eindeutig: "Nur dann, wenn es mit Ökostrom fährt." "Stimmt", meint auch Krösche, "nur ist das heute in der Regel noch nicht so."

Kurz gesagt: Der Wandel braucht Zeit. "Wir können nach über 100 Jahren konventioneller Antriebe nicht einen Schalter umlegen und sagen, ab morgen fahrt ihr alle elektrisch", meint Axel Schäfer. Man müsse die Menschen mitnehmen auf dem Weg zum E-Mobil und zu einem anderen Mobilitätsverhalten. Und man darf ihnen nicht das Gefühl geben, dass man sie benachteilige, so Janssen-Timmen. "Das Auto ist für viele Belohnung und die spontane Möglichkeit für unbegrenzte Mobilität. Menschen, die glauben, dass man ihnen diese hoch geschätzten Vorteile wegnehmen will, die werden sich nur schwer für anstehende Veränderungen begeistern lassen." Erfolgsentscheidend für die Fahrerseite, das sieht auch Michael Peukert so, "ist der Convenience-Gedanke." Janssen-Timmen stimmt da sofort zu:"Wenn der Use-Case stimmt, dann fahren die Menschen sofort elektrisch."

Aber auch ansonsten gilt es noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. In der Gesetzgebung (allein weil Wallboxes heute in Mehrparteienhäusern nur nach einstimmiger Genehmigung angebracht werden können), bei den Fuhrparkleitern selbst oder bei Betriebsräten. Sie müsste man zum Beispiel bei der Einführung von Telematiklösungen mit ins Boot holen. Diese Technik, so Knut Krösche, mache es schon heute möglich, mit den vorhandenen Reichweiten auszukommen. "Mit Telematik können wir gezielt Ladesäulen ansteuern. Das verhindern heute aber oft noch die Betriebsräte."

Antriebsalternativen

Könnten denn Erdgasautos oder die Brennstoffzelle den Weg weg vom Benziner oder Diesel verkürzen? Wenig wahrscheinlich, so der einhellige Tenor der Teilnehmer des Autoflotte-Roundtables. Zwar, so meint Jörg Martini, hänge das vom Informationsstand und dem daraus folgenden Fokus der Fahrer ab, ob sie lieber in Ausstattung oder in Zukunftstechnik investierten. Grundsätzlich, ergänzt, Marcel Lenz, seien Brennstoffzellenfahrzeuge in der Praxis relativ teuer:"Je 100 Kilometer kommen locker zwölf oder 13 Euro für Wasserstoff zusammen."

Dem Thema Erdgas stehen die Teilnehmer offener gegenüber, zweifeln aber ebenfalls am Erfolg der Technik. "Das Thema ist absolut interessant, es ist eine tolle Übergangstechnologie", meint Knut Krösche. "Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir das noch in den Köpfen der Menschen verankern können." Zu viele Fahrer, so Axel Schäfer, selbst begeisterter CNG-Nutzer, machten sich Gedanken über ein lückenhaftes Tankstellennetz oder - nicht bestehende - Sicherheitsrisiken. Andreas Grüneisl von der BSH berichtet über frühere CNG-Erfahrungen: "Wenn der Gastank leer war, haben alle unsere Fahrer Benzin getankt. So kamen 70 bis 80 Prozent konventionelle Fahrten zusammen. Aus reiner Bequemlichkeit." Dazu fällt Schäfer nur eines ein:"Das ist Führungsaufgabe. Da braucht es eine klare Ansage, was zu tanken ist." Das gelte im Übrigen auch für Plug-in-Hybride, die ebenfalls nicht selten nie mehr mit Strom betankt werden. Und das, so Michael Peukert, "ist auch eine wirtschaftliche Katastrophe." Mit klaren Handlungsanweisungen, attraktiven Anreizen wie exponierten Parkplätzen und komfortabel zu bedienender Ladeinfrastruktur ließe sich das aber leicht vermeiden, meint der Ladeinfrastrukturexperte.

Kontinuierlicher Übergang

Wo geht es nun also langfristig hin in Sachen Fuhrparkantriebe? "Die alternativen Antriebe kommen, das ist sicher", unterstreicht Knut Krösche, um gleichzeitig einzuschränken:"Aber nicht in dem Tempo, in dem wir das derzeit verkünden." Vor allem nicht in Deutschland, das in diesem Punkt keineswegs globaler Treiber sei. Deshalb macht sich Krösche langfristig keine Gedanken über die Restwerte von E-Mobilen: "Die Entwicklung wird so kontinuierlich voranschreiten, das wird keine Brüche geben." Diese Meinung teilt Andreas Geilenbrügge: "Der Übergang wird sich sicherlich über eine Generation hinziehen. Die Restwertentwicklung ist da nicht der kritischste Punkt."

Axel Schäfer, Bundesverband Fuhrparkmanagement "Die Gesamtkomplexität der technischen Themen und Anforderungen wird uns noch massiv beschäftigen."Marcel Lenz, BSH Hausgeräte "Der Wandel wird langsam vollzogen, die Umstellung erfolgt nicht von 0 auf 100."Knut Krösche, Volkswagen Leasing "Die Politik muss mehr und schneller regeln, und zwar für die Sache. Aber das Umdenken muss auch in den Köpfen der Menschen beginnen."Jörg Martini, Final "Die Kompetenz in der Branche ist da."André Janssen-Timmen, BMW "Die Industrie kann und wird liefern. Aber der Kunde muss seine Vorteile sehen und auch kaufen. Ein enges Zusammenspiel von Autoindustrie, Politik, Banken und Energieversorgern ist notwendig."Martin Kaus, Efaflex "Wir müssen die Diskussion über neue Antriebe, auch in der Presse, auf eine sachliche Ebene führen. Im Betrieb ist es aber auch Aufgabe der Fuhrparkleiter, die Nutzer nach Faktenlage aufzuklären."Andreas Grüneisl, BSH Hausgeräte "Der Wandel ist eingeleitet und wir sind auf einem guten Weg. Aktuell sind aber noch viele Käufer komplett verunsichert."Andreas Geilenbrügge, Schwacke "Die Flotten könnten Leuchtturmfunktion für das Thema 'neue Antriebe' übernehmen."Michael Peukert, Innogy "Wir wissen als Gesellschaft genau, was richtig ist, machen es aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht."Roland Meyer, Leaseplan "Die unsachliche Diskussion um Antriebskonzepte zerstört Werte - beim Leasingnehmer, beim Leasinggeber."

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