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Klein(st)wagen: Weshalb die Minis Mangelware sind

01.07.2023 05:09 Uhr | Lesezeit: 4 min
© Foto: Hyundai

Pflegedienste und andere Firmen, die auf Klein(st)wagen angewiesen sind, geraten unter Druck. Denn günstige Autos sind Mangelware. EU-Vorgaben und Margenvorstellungen der Hersteller verteuern die Minis.

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Die Inflation geht rauf, die Inflation geht runter und gefühlt geht sie durch die Decke. Dass die tatsächliche Inflation von Produkten des täglichen Bedarfs deutlich über der offiziellen Inflationsangabe liegt, spüren viele Unternehmen (und viele privat) beim Blick aufs Konto.


Kia Picanto Test (2023)

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Preisanstieg bei Kleinwagen exorbitant

Die Preise steigen im Automobilsektor stärker als in anderen Bereichen. Gründe fürs Drehen an der Preisschraube waren unter anderem die Covid-Auswirkungen und der Beginn des Ukrainekrieges, die zusammen die Lieferketten einbrechen ließen und dadurch einen Mangel an Fahrzeugen verursachten. Wie so oft: Mangel treibt die Preise - und den Einfallsreichtum. So strichen die Hersteller vielfach die Basismotorisierungen und verfrachteten die wenigen Halbleiter in lukrativere Fahrzeugsegmente. Per se haben Kleinwagen die geringste Marge, ergo sind sie den Konzernen ein Dorn im Auge, weshalb viele aus diesem Segment aussteigen. Hohe Anforderungen an die Abgasnachbehandlung sowie teils unsinnige Euro-NCAP-Vorgaben (Crashtest) für die "Pflichtausstattung" von Assistenzsystemen machen die Kleinstwagen per se teurer und lassen sie in die Nähe des nächsthöheren Segments rutschen.

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Kleinstwagen wie beispielsweise der Citroën C1 (gleiches Auto wie Toyota Aygo und Peugeot 108) kosteten im Dezember 2018 oft kaum mehr als 8.000 Euro (netto). Das Segment gibt es anno 2023 bei keinem der drei Hersteller mehr. Im Autoflotte-Pflegedienst-Spezial 2021 empfahlen wir noch den Mitsubishi Space Star. Mit Pflegedienst-Rabatt kostete dieser 6.714 Euro netto - jetzt fängt die Preisliste bei 11.084 Euro an. Das günstigste Automobil am Markt kostet derzeit 9.500 Euro. Wer ist es? Richtig, Dacia mit dem Sandero.

Dieser Tage erhielt der Hyundai i10 ein Facelift - immerhin Nummer 2 unter den meistgenutzten Pflegedienst-Fahrzeugen der meinfuhrpark.de-Flottenverwaltungs-App, deren Top 5 wir im Anschluss kurz vorstellen. Der im türkischen Izmit produzierte Koreaner kam vor drei Jahren auf den Markt, damals ab 9.235 Euro (Ausstattung Pure). Im November 2022 kostete der i10 in der aufgewerteten Basisausstattung (Select) bereits 12.424 Euro. Grund für den Aufpreis waren unter anderem die fortan serienmäßig installierten Assistenzsysteme. Im Mai preiste Hyundai das Facelift-Modell ein und startet in der Ausstattungslinie Select bei 13.437 Euro netto. Zwar ist die Rechnung nicht ganz fair, da die Mehrausstattung nicht berücksichtigt wurde. Es ändert jedoch nichts daran, dass man für einen Hyundai i10 ab jetzt rund 45 Prozent mehr bezahlen muss als noch vor drei Jahren - mit identischem Antrieb.

Kein Einzelfall und auch kein Problem, das nur Kleinstwagen betrifft. Der Golf 8 startet derzeit bei 26.172 Euro. Klar, er hat 130 PS unter der Haube, ob man die will oder eben nicht. Doch im Januar 2021 kostete der Golf 8 mit 95 PS noch 17.139 Euro und damit exakt so viel, wie heute der günstigste Polo. Und wer zurück auf den Marktstart des Golf 8 schielt, wird sehen, dass er damals ebenfalls mit 130 PS startete. Kostenpunkt: 22.235 Euro. Somit ist dieser in den letzten drei Jahren rund 4.000 Euro teurer geworden - nahezu ohne Mehrwert für den Kunden. Die Liste könnte beliebig fortgesetzt werden. Doch so lange Käufer dieses Spiel mitmachen, ist es für die Hersteller ein extrem lukratives Geschäft - nichts anderes spiegeln auch die Gewinne der Konzerne wider.

Die Hersteller dünnen aus. Kleinstwagen und Basisversionen fliegen aus dem Programm. Das ist die Top-5-Liste der Pflegedienst-Fahrzeuge von meinfuhrpark.de

1: VW UP

Der VW Up ist nach wie vor der beliebteste Kleinstwagen - vor allem bei den Pflegediensten. Seine Zwillinge Skoda Citigo und Seat Mii sind mittlerweile den Margentod gestorben. Denn Kleinstwagen bringen dem Hersteller oft nichts ein, manche legen sogar bei jedem verkauften Fahrzeug drauf (je nach Land). Und auch VW bietet seinen Up derzeit nur noch als bereits produziertes Lagerfahrzeug neu an - und manchmal eben auch nicht. Eine verlässliche Fahrzeugplanung ist mit dem Up nicht möglich.

Mindestens 12.231 Euro netto rufen die Wolfsburger für den VW Up auf. Dafür erhält der Kunde den vielleicht besten Kleinstwagen - vor allem aus Sicht von Pflegediensten. Die Türen sind hoch, schwenken weit auf und ermöglichen damit einen guten Zustieg. Innen ist der 3,54-Meter-Mini sehr übersichtlich gestaltet. Jeder versteht die Bedienung auf Anhieb. Die Rundumsicht ist aufgrund großer Scheiben sehr gut. Der kleine Einliter-Basismotor leistet 65 PS und reicht für die Anforderungen im Alltag. Die Klimaanlage ist an Bord, sonst allerdings nicht viel. Zur Inspektion muss der Up alle 15.000 Kilometer oder ein Mal im Jahr, je nachdem, was zuerst eintritt. Sein Nachteil, wie oben skizziert: Derzeit ist der VW Up mit nicht mehr frei konfigurierbar. Ob sich das nochmals ändert, wurde auf Anfrage bei VW in Wolfsburg nicht bestätigt.

2. Hyundai i10

Hyundais i10 haben wir oben bereits erwähnt. Mit nicht einmal 3,70 Metern Länge quetscht sich der Viertürer in die kleinen Parklücken, denn er gehört noch zu den übersichtlicheren Autos im Markt. Zudem ist er mit etwas über 1.000 Kilogramm Gewicht ein handliches Leichtgewicht. Gut so, denn so reicht der Basismotor aus, um ihn auf den Kurzstrecken ausreichend flott samt Insassen voranzubringen. 67 PS leistet der Einliter-Dreizylinder. Das Platzangebot ist für die Fahrzeuggröße gut. Vorne gibt es viel Platz und einige Ablagen. Hinten sitzen durchschnittlich groß gewachsene Menschen noch vernünftig und in den Kofferraum passen 250 Liter Gepäck. Preislich startet der Hyundai i10 bei 13.437 Euro netto. Dafür sind Klimaanlage und Freisprecheinrichtung bereits an Bord, der Notbremsassistent mit Fußgängererkennung und das Reifendrucksystem ebenfalls. Der Fahrersitz ist höhenverstellbar, das Lenkrad nur horizontal.

3. Ford Fiesta

Auf Platz drei der beliebtesten Fahrzeuge der meinfuhrpark.de-Nutzer ist der Ford Fiesta. Diesen gibt es nur noch als Bestandsfahrzeug, da die Produktion bereits eingestellt wurde. Nach fast 50 Jahren und mehr als 18 Millionen produzierten Fahrzeugen endet die Ära des kleinen Kölners jetzt, im Juli 2023. Ford erfindet sich derzeit neu. Abenteuer und Nutzfahrzeuge stehen im Fokus. Kleinwagen nicht mehr - wie bei so vielen Herstellern. Schade, denn der Fiesta ist einer der besten viertürigen Kleinwagen: Tolles Fahrwerk, erstklassige Lenkung, butterweich schaltbares Getriebe und gute Motoren gibt es zu mittlerweile happigen Preisen (ab 17.101 Euro) - sofern man überhaupt noch eines der Bestandsfahrzeuge erwischt.

4. Fiat 500

Ein Evergreen unter den Automobilen ist der Fiat 500. Und gleichzeitig ein Sympathieträger. Den aktuellen Fiat 500 gibt es bereits seit 15 Jahren optisch nahezu unverändert. Der 3,57-Meter-Zwerg bietet seit ehedem kaum Platz im Inneren. Zwei Personen sitzen prima, die Rückbank des Zweitürers ist eher als Ablage gedacht. Allein der Zustieg ist ab Normalgröße eine Zumutung. Dennoch ist er gerade für Pflegedienste nicht nur aus Imagegründen eine Alternative. Wieselflink kann er durch den Stadtverkehr bugsiert werden und findet meist einen Parkplatz. Für mindestens 14.697 Euro netto gibt es den Mildhybrid mit 70 PS, der beim Benzinsparen helfen kann. Elektrisches fahren ist mit ihm freilich nicht möglich. Das Komfort-Paket mit beheizbaren Außenspiegeln und Einparkhilfe ist ein sinnvolles Extra für 672 Euro. Apple Carplay und Android Auto zum Navigieren und legal Telefonieren sind bereits im Serientrimm enthalten; die Klimaanlage und der Tempomat ebenso.

5. Opel Corsa

Der Opel Corsa ist der meistverkaufte Kleinwagen in Deutschland. Mit gut vier Metern ist aber auch der Rüsselsheimer, der im spanischen Saragossa vom Band rollt, keine Parkplatzsuchmaschine mehr. Dafür sitzen im Corsa auch mal vier Menschen kommod. Mankos: Die Übersicht nach schräg hinten ist erheblich eingeschränkt. Eine fehlende Innenbeleuchtung im Fond nervt in der Dunkelheit. 16.370 Euro netto werden mindestens fällig, wenn man den Opel Corsa im Fuhrpark begrüßen will. Dafür gibt es einen 1,2-Liter-Vierzylinder mit 75 PS. Fahrersitz und Lenkrad sind vielfach verstellbar und geben eine gute Sitzposition. Die weit aufschwingende Fahrertür kann für kleinere Menschen beim Schließen beschwerlich sein, da die Armlänge nur zum Griff in die Türablage ausreicht. Freisprecheinrichtung, Spiegelheizung, Berganfahrassistent, Verkehrsschilderkennung und Spurhalteassistent machen das Autofahren sicherer, die Klimaanlage hilft an heißen Tagen.

Hoher Verbrauch bei Kleinstwagen

Wir haben in unserer Übersicht bewusst auf Verbrauchsdaten verzichtet. Gerade im innerstädtischen Verkehr sind die Werksangaben Makulatur. Das ständige Stopp-and-Go sowie die teils extrem kurzen Strecken, bei denen der Benziner nie warm wird, sind ein Garant für hohe Verbräuche. Das wird sich mit der Elektromobilität ändern. E-Autos sind gerade im städtischen Einsatz ideal und benötigen aufgrund der ständigen Rekuperation weniger Energie als auf der Landstraße oder Autobahn. Das günstigste Elektro-Auto bietet derzeit ebenfalls Dacia an. Der Dacia Spring kostet mindestens 19.118 Euro ohne Einberechnung von einer Förderung, die spätestens zum 31. August endet. Ein Interview mit Dacia-Deutschland-Chef Thilo Schmidt lesen Sie auf Seite 57.

Eine Alternative zum Auto ist in vielen Fällen das E-Bike oder ein elektrisch unterstütztes Lastenrad. Diese Zweiräder (teils haben sie auch drei Räder) gibt es ab und an auch mit Wetterschutz. Parkprobleme gibt es nie, oft ist man schneller und gesünder unterwegs und es besteht sogar die Möglichkeit, Pflegefachkräfte ohne Führerschein einzustellen.

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