Private Nutzung des Poolfahrzeugs: Das muss ich doch nicht versteuern?

10.10.2025 14:27 Uhr | Lesezeit: 4 min
Poolfahrzeug
Das Poolfahrzeug mit nach Hause nehmen - muss man das versteuern? Die Antwort gibt's im Artikel. 
© Foto: Autoflotte

Es ist eine alltägliche Situation: die Fahrt am Abend nach dem Kundentermin zurück ins Büro ist länger, als die Fahrt nach Hause. Deshalb macht es mehr Sinn, das Poolfahrzeug mit nach Hause zu nehmen und erst am nächsten Tag damit ins Büro zurückzukehren. Der Chef hat es ja auch erlaubt. Doch muss ich diese Ausnahme auch versteuern?

Hier treten steuerliche Fragen auf, die nur auf den ersten Blick schwierig und verwirrend erscheinen. Hilfe bietet das zusammenfassende BMF-Schreiben zur lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung betrieblicher Fahrzeuge an Arbeitnehmer (BMF, Schreiben vom 04.04.2018, Az. IV C 5 – S 2334/18/10001).  Wie so oft kommt es auf den Einzelfall an.

Der "klassische" Dienstwagen

Diese Konstellation kennen viele aus den eigenen Arbeitsverhältnis, zum Beispiel aus dem Vertrieb. Einem Mitarbeiter wird aus betrieblichen Gründen ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt, das dieser laut Arbeitsvertrag unengeltlich oder gegen eine Kostenbeteiligung  auch privat nutzen darf. Bei dem klassischen Firmenwagen, der einem einzelnen Mitarbeiter auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt wird, ist es allen klar: der geldwerte Vorteil muss durch den Nutzer auch versteuert werden. Dies kann im Rahmen der pauschalen Ein-Prozent-Regelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG) oder durch konkreten Nachweis im Rahmen eines Fahrtenbuches (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG) erfolgen.

Für Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte erhöht sich der monatliche pauschale Wert des geldwerten Vorteils für jeden Entfernungskilometer der einfachen Strecke zur Arbeit um 0,03 Prozent des Bruttolistenpreises.

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Doch wie sieht das aus, wenn dauerhaft oder sporadisch statt eines einem einzelnen Mitarbeiter zugewiesenen Fahrzeugs ein Fahrzeug aus dem Fahrzeugpool der Firma genutzt wird? Kann die private Nutzung einem einzelnen Nutzer zugeordnet werden, da ja viele verschiedene Nutzer das selbe Fahrzeug nutzen?

Das "klassische" Poolfahrzeug

Die Besonderheit des Poolfahrzeugs ist, dass Firmenfahrzeuge von unterschiedlichen Mitarbeitern verwendet wird, das aber nicht von allen diesen Mitarbeitern regelmäßig gebraucht wird, zum Beispiel von Mitarbeitern einer Abteilung.

Steht dieser Abteilung für alle Mitarbeiter nur ein Poolfahrzeug zur Verfügung und wird von diesen genutzt, so ist dieses monatsweise fahrzeugbezogen für Privatfahrten mit der Ein-Prozent-Methode, für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zusätzlich mit der 0,03 Prozent-Methode lohnsteuerrechtlich zu bewerten. Der steuerpflichtige Nutzungswert wird für beide Bewertungsmethoden insgesamt für das Fahrzeug errechnet und dann, unabhängig von der tatsächlichen Nutzung, nach Anzahl der nutzenden Mitarbeitern aufgeteilt.

Hat das Fahrzeug beispielsweise einen Bruttolistenpreis von 40.000 Euro und steht fünf Mitarbeitern zur Verfügung, wird bei der Ein-Prozent-Methode der geldwerte Vorteil von 400 Euro durch die fünf Mitarbeiter geteilt, so dass jeder monatlich 80 Euro zu versteuern hätte.

Bei einem Fahrzeugwechsel innerhalb des Monats ist der Listenpreis des überwiegend genutzten Fahrzeugs maßgebend. "Überwiegend" ist hierbei als zeitliches Kriterium zu sehen, so dass die Anzahl der Kalendertage des jeweiligen Monats, die das Fahrzeug zur Verfügung stand, maßgeblich ist (Textziffer 2.5 des oben genannten BMF-Schreibens).

Poolfahrzeug
Für Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte erhöht sich der monatliche pauschale Wert des geldwerten Vorteils für jeden Entfernungskilometer der einfachen Strecke zur Arbeit um 0,03 Prozent des Bruttolistenpreises.
© Foto: Autoflotte

Mehrere Poolfahrzeuge für mehrere Mitarbeiter

Steht einem bestimmten Personenkreis, z.B. dem Vertrieb, mehrere Fahrzeuge zur Verfügung, ist die steuerliche Handhabung für Privatfahrten und Arbeitsweg ebenfalls klar geregelt.

Hier ist der pauschale Nutzungswert durch die Summe mit dem Bruttolistenpreis aller genutzten Fahrzeuge zu ermitteln. Diese wird zunächst durch die Anzahl der Fahrzeuge und sodann durch die Anzahl der Nutzungsberechtigten geteilt.

Hat die Abteilung beispielsweise drei Firmenfahrzeuge (zu einem Bruttolistenpreis von 40.000 Euro, 30.000 Euro und 20.000 Euro = 90.000 Euro durch drei) und diese stehen fünf Mitarbeitern zur Verfügung, wird bei der Ein-Prozent-Methode der geldwerte Vorteil von 300 Euro durch die fünf Mitarbeiter geteilt, so dass jeder monatlich 60 Euro zu versteuern hätte.

Der sporadische Zugriff auf ein Poolfahrzeug

Auch bei der gelegentlichen Nutzung eines Poolfahrzeugs ist die private Nutzung grundsätzlich zu versteuern, ebenso wie die Fahrten von der Arbeitsstätte nach Hause. Bei der Eingangs angesprochenen Situation kann jedoch eventuell eine Ausnahmeregelung greifen. Handelt es sich um eine Dienstreise, entfällt der geldwerte Vorteil, wenn der Mitarbeiter das Poolfahrzeug nutzt um an der Wohnung eine dienstliche Tätigkeit zu beginnen oder beendet, also um zum Beispiel am nächsten Arbeitstag auswärts beruflich tätig zu sein oder von der beruflichen Tätigkeit zurückkehrt.

Das gilt auch dann, wenn der Mitarbeiter in Rufbereitschaft steht und deshalb das Poolfahrzeug mit nach Hause nimmt. In diesem Fall sieht der Bundesfinanzhof keine private Nutzung im Sinne des § 8 Absatz 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz (siehe auch: Bundesfinanzhof, Urteil vom 06. Oktober 2011, VI R 56/10). 

Möglichkeit für den Arbeitgeber: Privatnutzung ausschließen

Der Arbeitgeber kann die private Nutzung von Firmenfahrzeugen generell untersagen. Die Firmenfahrzeuge dürfen dann ausschließlich für betriebliche Zwecke – nicht jedoch für Privatfahrten oder Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte – verwendet werden. In diesem Fall entsteht kein geldwerter Vorteil. Voraussetzung ist ein nachweisbares Nutzungsverbot, etwa durch arbeitsvertragliche Regelungen oder andere dienstrechtliche Grundlagen, die als Belege zum Lohnkonto aufzubewahren sind.

Ist ein solches Verbot aus außersteuerlichen Gründen (z. B. wegen einer Betriebsvereinbarung) nicht möglich, kann der Mitarbeiter schriftlich und für die Zukunft auf die private Nutzung verzichten. Auch diese Erklärung muss zum Lohnkonto genommen werden.

Verstößt ein Mitarbeiter trotz schriftlichen Verbots gegen diese Regelung, entsteht dadurch kein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil. Ein solcher liegt erst vor, wenn der Arbeitgeber auf mögliche Schadensersatzansprüche verzichtet. Um die Ernsthaftigkeit des Verbots zu belegen, sollten Arbeitgeber Sanktionen wie Abmahnungen oder Schadensersatzforderungen dokumentieren. Praktische Maßnahmen – etwa die Abgabe von Fahrzeugschlüsseln außerhalb der Arbeitszeit – können zusätzlich sicherstellen, dass eine Privatnutzung ausgeschlossen ist.

Möglichkeit für den Arbeitnehmer: Einzelbewertung

Um eine möglichst genaue Versteuerung des Vorteils zu gewährleisten, kann der Arbeitnehmer bei Vorliegen einer genauen Dokumentation eine Einzelbewertung vornehmen lassen. Diese gilt dann für das gewählte Kalenderjahr. Hier ist der Mitarbeiter in der Pflicht, fahrzeugbezogen genau dazulegen, zu welchem Datum er das Poolfahrzeug tatsächlich für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte genutzt hat.

Der Arbeitgeber muss diese Zusammenstellung als Beleg zum Lohnkonto nehmen. Dann ist auf der Basis der tatsächlichen Nutzung die Lohnsteuer abzuführen. Es wird die Summe aus Hin- und Rückfahrt mit 0,002 Prozent des Bruttolistenpreis des genutzten Fahrzeugs je Kilometer errechnet.

Nutzt der Mitarbeiter beispielsweise das Fahrzeug im Wert von 30.000 iEuro im Januar nur am 2., 7. und 12. des Monats zur Fahrt nach Hause für 22 Kilometer und dokumentiert das in einem Fahrtenbuch, muss er nur 39,60 Euro als geldwerten Vorteil anrechnen lassen. Damit der Mitarbeiter dabei nicht schlechter gestellt wird, als bei der Pauschalbewertung ist die Einzelbewertung auf 180 Arbeitstage im Jahr begrenzt. Darüber hinaus anfallende Tage werden nicht besteuert. Nutzt der Mitarbeiter verschiedene Poolfahrzeuge, so ist diese Berechnung für jeden Zeitraum mit dem Bruttolistenpreis des jeweiligen Fahrzeugs vorzunehmen.

Leider können aufgrund eines Urteils des Bundesfinanzhof der Gewerbetreibende oder der Freiberufler selbst (so wie alle anderen Gewinnermittler) diese Möglichkeit nicht nutzen (Urteil vom 12. Juni 2018, Az. VIII R 14/15).

Werkzeug des Erfolgs: das Fahrtenbuch

Mithin ist beiden Parteien die verpflichtende Führung eines Fahrtenbuchs für Poolfahrzeuge aus steuerlichen Gründen und weiteren rechtlichen Gründen anzuraten. Denn: sind Privatfahrten mit dem Firmenfahrzeug erlaubt, muss der daraus entstehende geldwerte Vorteil zwingend erfasst werden.

Durch das Führen eines Fahrtenbuchs wird zudem festgehalten, welcher Mitarbeiter wann welches Fahrzeug genutzt hat – ein wichtiger Nachweis im Falle von Verkehrsverstößen. Gibt der Halter keine Auskunft über den Fahrer, kann sonst eine allgemeine Fahrtenbuchauflage für den gesamten Fuhrpark drohen.

Auch wenn Poolfahrzeuge allen Mitarbeitern zur Verfügung stehen, sollte für jedes Fahrzeug ein verantwortlicher Ansprechpartner benannt werden. Dieser kümmert sich um Buchungen, Fragen, Schäden und sonstige Belange rund um das Fahrzeug.

Die Zuständigkeiten sollten in einer schriftlichen Anweisung festgehalten werden, um Aufgaben wie Führerscheinkontrolle, UVV-Prüfung, Reifenwechsel sowie die Unterweisung der Mitarbeiter im sicheren Umgang mit dem Fahrzeug klar zu regeln.

Neben den regelmäßigen Eigenkontrollen durch die Nutzer sollte der Verantwortliche den Zustand des Fahrzeugs in festen Abständen überprüfen. Diese Kontrollen sind aus Gründen der Nachvollziehbarkeit und Sicherheit ebenfalls schriftlich zu dokumentieren.

Was ist noch zu beachten?

Aus steuerlicher Sicht sollte darauf geachtet werden, dass die Zahl der Poolfahrzeuge, die privat genutzt werden dürfen, die Anzahl der Nutzungsberechtigten nicht übersteigt, da ansonsten bei der Nutzungswertermittlung sich eine erhöhte Bemessungsgrundlage ergibt. Natürlich ist die 0,03 Prozent-Methode mit weniger Verwaltungsaufwand verbunden, als die Einzelbewertung. Der Arbeitgeber kann die Anwendung der 0,002 Prozent-Methode der Einzelbewertung arbeitsvertraglich ausschließen.

Der Arbeitgeber sollte für jeden Nutzer eine monatliche Meldung einführen, in der dieser die Entfernung zwischen Wohnung und Standort des Fahrzeugs angibt sowie die Tage vermerkt, an denen er ein Poolfahrzeug genutzt hat. Außerdem sollte der Mitarbeiter schriftlich angeben, mit welchem Verkehrsmittel (bei einem Pkw mit Angabe des Kennzeichens) er an den übrigen Arbeitstagen zur Arbeitsstätte gelangt ist.

Fallen die angegebenen Nutzungstage auf Montage, Freitage oder Tage vor Feiertagen, sollten zusätzlich die Kilometerstände bei Übernahme und Rückgabe des Fahrzeugs dokumentiert und vom Arbeitgeber bestätigt werden, um den Verdacht einer privaten Nutzung auszuschließen.

Dr. Andreas Mußmann, LL.M., Fachanwalt für Verkehrsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht / Niederlassungsleiter Kanzlei Voigt


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