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VW Passat Variant: Wenn der VW Passat ins Abseits gerät

19.08.2023 12:04 Uhr | Lesezeit: 6 min
© Foto: Michael Blumenstein

Im Frühjahr 2024 startet der neue VW Passat – ausschließlich als Kombi, Variant im VW-Jargon. Wir haben uns den noch erhältlichen „alten“ Passat in der Highend-Version mit den Augen eines Passat-Fans angesehen.

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Ende August zeigt VW die ersten Fotos des neuen VW Passat ohne Tarnfolie. Das ist dann ziemlich genau 50 Jahre nach Markteinführung der Modellreihe. Der Passat B9 wird von Grund auf erneuert und ist ab Frühjahr 2024 ausschließlich als Variant erhältlich. Damit ist die neunte Generation des VW Passat die erste, die nicht als Limousine zu haben sein wird – wer Passat in Limousinen-Form möchte, muss zum ID.7 greifen. Das könnte auch zeigen, dass sich VW mit dem B9 auf den europäischen und chinesischen Markt konzentriert. In den USA gibt es bei VW keinen einzigen Kombi, in Brasilien keinen, in Südafrika keinen. Wenngleich in den USA eh ein anderer Passat am Start war (da gibt es nur noch Jetta und Arteon). In China hat VW hingegen drei Kombis im Angebot – auch den Passat. Aber im Reich der Mitte gibt es ohnehin so viele VW-Modelle wie nirgends sonst.


VW Passat 2.0 TDI 4Motion (200 PS)

VW Passat Kombi in blaumetallic fahrend schraeg von vorn auf Strasse Bildergalerie

VW Passat 2024 nur noch als Kombi

„Kombi only" lautet also das Mantra beim VW Passat B9. Sein Pendant, der Skoda Superb in neuester Version, gibt zeitgleich ab Frühjahr 2024 sein Debut und ist weiterhin als Combi und als Limousine zu haben. Das wird Francesco Oldenbourg nicht stören. Francesco mag Kombis – und er mag seinen Passat Variant aus dem Jahr 2016. Francesco ist selbstständig und fährt noch immer einen Passat B8 vor Facelift. TDI, 150 PS, DSG mit allen Komfort- und Sicherheits-Features, die es 2016 gab. Mittlerweile ist er rund 100.000 Kilometer mit seinem Wagen gefahren und er sieht nach wie vor neuwertig aus. Francesco mag seinen Passat, wie bereits erwähnt, und pflegt ihn. Daher ist er für uns der ideale Gutachter, um kurz vor der Ablösung der achten Generation ein Urteil abzugeben, wie sich der Passat in den letzten Jahren entwickelt hat. Denn seine Überlegung lautet: Noch einen der letzten B8 neu holen oder auf den B9 warten? Oder komplett der Marke VW den Rücken kehren?

Innenaufnahme während der Fahrt mit Fahrergesicht und Lenkrad
© Foto: Michael Blumenstein

Perfekter Kompromiss

Ein Passat ist für Francesco aus diversen Gründen ein idealer Partner im Arbeitsalltag: „Als Geschäftsführer ist mir die Außenwirkung beim Kunden sehr wichtig. Der VW Passat war lange Zeit der perfekte Kompromiss zwischen Image und Understatement. Er strahlt eine gewisse Seriosität und Wertigkeit aus, ohne dabei protzig oder übertrieben zu wirken. Ich frage mich jedoch, wie lange dieser Ruf noch Bestand haben wird, wenn die aktuellen Veränderungen und Kompromisse weiterhin im Passat fortgeführt werden.“

Wir machen mit Francesco den Zwischenschritt und haben als Testwagen einen Passat Variant 2.0 TDI 4Motion organisiert, also das Facelift-Modell seines Exemplars mit Highend-Ausstattung. Dieser 200-PS-Diesel hat nahezu alle Extras an Bord, die VW in der Aufpreisliste aufgeführt hat, und mit diesen wird der Wolfsburger zum wahren Understatement-King. Oder hätten Sie vermutet, dass ein Passat 76.144 Euro (brutto) kosten kann? So formuliert auch Francesco: „Der aktuelle Passat ist ein Fahrzeug, das auf dem Papier alle Eigenschaften und Features bietet, die heutzutage von Vielfahrern gewünscht werden. Der Innenraum wirkt hochwertig“, und schränkt seine Aussage zugleich ein, „jedoch fehlt ihm ein Hauch von Raffinesse und Eleganz“. Das ist ein kleiner Dämpfer für den in Emden produzierten Wolfsburger. Oder aber der Ritterschlag, etwas Besonderes zu sein, ohne es zu zeigen – Ansichtssache.

Materialien und Verarbeitung: Zenit erreicht

Aber potenzielle Käufer wie Francesco schauen oft genau hin, vor allem dann, wenn man ein Modell „schon immer“ fährt. „Die Materialien und Verarbeitung lassen darauf schließen, dass an einigen Stellen Abstriche gemacht wurden, um Kosten zu sparen. Dadurch entsteht der Eindruck, dass das Fahrzeug trotz seiner modernen Ausstattung nicht das gewünschte Premium-Feeling vermittelt. Im Vergleich zum Passat von 2016 ist eine spürbare Verschlechterung festzustellen.“

So ist auch uns aufgefallen, dass seit einigen Jahren die Folge-Generation der Fahrzeuge keinen Sprung mehr bei der sicht- und fühlbaren Qualität macht. Der Zenit scheint vor einigen Jahren erreicht gewesen zu sein. Und auch Francesco kreidet beispielsweise das Bedienkonzept an. „Im Innenraum wurden insgesamt 28 Knöpfe durch Touch-Elemente ersetzt. Persönlich finde ich diese Veränderung weder ergonomisch noch intuitiv. Es kann schwierig sein, die richtigen Funktionen während der Fahrt zu bedienen, da die Touch-Elemente keine haptische Rückmeldung bieten und man den Blick von der Straße nehmen muss, um sie zu finden. Dies kann zu einer Ablenkung und möglicherweise zu Sicherheitsrisiken führen. Es wurden einige Knöpfe reduziert, um die Komplexität zu verringern, jedoch geht dabei auch ein gewisser ,Sense of Occasion‘ verloren. Im Vergleich zum konservativeren, aber insgesamt runderen Interieur des Passats von 2016 wirkt der neue Passat austauschbar und langweilig. Trotzdem kann man nicht bestreiten, dass der Innenraum hochwertig und solide verarbeitet ist.“ Übrigens bestätigt der ADAC in seinen Tests diesen Eindruck. Bei der Bedienung lautet die Beurteilung in Schulnoten 1,7 zu 1,9 zugunsten des „alten“ Passat – eben aufgrund fehlender Tasten und Drehregler.


VW Passat Variant TDI 4Motion Elegance

Testwagenpreis: 76.144 € (brutto)
R4/1.968 ccm | 147 kW/200 PS | 400 Nm ab 1.750 U/min
7-Gang-DKG | 7,2 s | 230 km/h | WLTP: 6 D | 156 g/km
Abmessungen: 4.773 x 1.832 x 1.505 mm
Kofferraum: 650–1.780 Liter
Versicherungsklassen: KH 14 | TK 24 | VK 21
Wartung: jährlich/30.000 km
Garantie: 2 Jahre



TDI klingt heller und rauer

Bei den Motoren handelt es sich jeweils um Zweiliter-TDI. 150 PS leistet der Selbstzünder in Francescos Passat, 200 PS im Fall des Testwagens. Sind die Aggregate auf den ersten Blick noch vergleichbar, unterscheiden sie sich technisch immens. Da Francesco beruflich bedingt mit Tonqualität und akustischer Wahrnehmung zu tun hat, hat ihn interessiert, ob der neue Dieselmotor anders klingt. Mit seinem Messe-Equipment ausgerüstet, machten wir uns an die Subjektiv-Beurteilung der Geräusche und Vibrationen. Auch ohne abgeschirmte Kopfhörer war direkt beim Anlassen eine gänzlich unterschiedliche Tonalität der beiden Vierzylinder wahrzunehmen. Der Passat von 2016, der aus Überzeugung ausschließlich mit teurem Premium-Diesel betankt wird, klingt weicher, dumpfer und subjektiv angenehmer. Der neue 200-PS-Diesel, der unter anderem mit höheren Einspritzdrücken (2.200 bar) fährt, klingt deutlich hochfrequenter und strenger. Selbstverständlich ist das nicht auf den Kraftstoff zurückzuführen, sondern vielmehr auf das Ausreizen der Motorleistung und die geänderte Technik im Inneren. Zwei hintereinander geschaltete Katalysatoren und zwei Adblue-Einspritzungen sollen mittlerweile für niedrigste Stickoxid-Emissionen sorgen (Twindosing). Und auch hier scheint unser Eindruck richtig: Auch der ADAC attestierte dem alten 150-PS-TDI niedrigere Innengeräusche als beim stärkeren Diesel, den der ADAC im November 2019 testete – wobei es sich bei diesem noch nicht um die letzte Ausbaustufe des TDI mit 200 PS handelte.

Beim Fahren macht der 200-PS-TDI einen sehr souveränen Eindruck und dank der Akustikverglasung sind auch schnelle Autobahnetappen das Metier des Wolfsburgers. Motorgeräusche kommen so gut wie keine bei Konstantfahrt im Innenraum an und sind nur beim Ausdrehen wahrnehmbar, stören jedoch nie. Zusammen mit dem nun Siebengang-DSG und dem Allradantrieb ergibt sich ein Gesamtsystem, das wohl nur wenige Vielfahrer enttäuschen dürfte. „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der aktuelle Passat durchaus einige positive Eigenschaften aufweist, insbesondere in Bezug auf das verbesserte DSG und die hochwertige Verarbeitung. Jedoch können einige Aspekte wie die übermäßige Nutzung von Touch-Elementen anstelle von Knöpfen im Innenraum, also das Gefühl einer bewussten Verschlechterung, den Gesamteindruck trüben. Enttäuschend ist die technische Entwicklung beim Lane Assist und auch der etwas uninspirierte Innenraum ist weniger überzeugend. Es bleibt abzuwarten, ob der zukünftige Passat diese Schwachstellen beheben und das Erlebnis verbessern kann.

Nach wie vor einer der Besten

Trotz der „Abfuhr“ von Francesco Oldenbourg ist der aktuelle Passat zweifelsohne einer der besten Kombis überhaupt – mit seinem Preis von 70.000 Euro gehört er aber auch in dieser Hinsicht zur Crème de la Crème und muss leisten, was Fahrzeuge von Premium-Anbietern in dieser Preisklasse auch bieten. So gibt es zum gleichen Kurs auch einen BMW 330d mit samtigem Sechszylinder und einem anderen Image. Der Vorteil beim Passat: Er ist unauffällig und macht bei jedem Geschäftstermin einen guten Eindruck – nämlich keinen. Und das muss man mit einem 70.000-Euro-Fahrzeug erst einmal schaffen.


DAT-Gebrauchtwagen-Prognose

bei 36 Monaten Laufzeit inkl. getesteter Ausstattung

15.000 km/Jahr: 41,6 %
25.000 km/Jahr: 38,7 %
40.000 km/Jahr: 33,7 %



Das wird wohl auch eines der Entwicklungsziele des Passat Nummer 9 gewesen sein, der nun noch etwas Feinschliff bekommt, bis er im Frühjahr 2024 in die Unternehmen rollen wird. Denn zu den mehr als 30 Millionen verkauften Exemplaren werden in jedem Fall noch ein paar hinzukommen. Und die Zielrichtung für den Passat ist klar: Mehr Premium, mehr Reisekomfort und ein sehr intuitives Bedienkonzept, wie es Kai Grünitz, VW-Vorstand für Technische Entwicklung, zusammenfasste.

Wie beim Skoda Superb wird es auch im neuen Passat Variant zwei Dieselmotoren, (hybridisierte) Benziner und einen Plug-in-Hybriden mit rund 100 Kilometern Reichweite geben. Die Preise sollten jedoch nicht weiter in die Höhe schießen. Denn irgendwann ist man da angekommen, wo auch die echten Premium-Hersteller starten, und dann wird es eng für den Passat und der Skoda Superb wird noch interessanter.

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