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Ladeinfrastruktur: Lob an alle

01.04.2023 12:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Ladeinfrastruktur: Lob an alle
Marcus Scholz findet, dass im öffentlichen Raum im Grunde aktuell genügend Ladeinfrastruktur vorhanden ist und meint, dass alle Anbieter hier einen guten Job machen.
© Foto: Elexon Charging

Elexon elektrifiziert vor allem Logistiker, dennoch geht der Blick des CEOs Marcus Scholz weit in das große Feld namens Elektromobilität – mit Sachverstand, Empathie und vielen neuen Ideen.

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Marcus Scholz war früher Eishockeyspieler. Er war nicht etwa Stürmer, wie man ob seiner Größe vermuten würde, sondern Verteidiger. Einer, der antizipieren musste, um erfolgreich zu sein. Im Gespräch gibt er sich genauso: planvoll-forsch. Wer wie er vor drei Jahren zu einem Start-up kam, das im ersten Jahr 300.000 Umsatz machte und nun bei 25 Millionen liegt, muss drängen, aber er tut auch gut daran, zu überlegen, wie es dem Team dabei geht. Also besuchen wir den Ladeinfrastruktur-Anbieter Elexon einfach mal in Aachen. .  

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Wer mit dem Bus vom Hauptbahnhof zu Elexon fährt, passiert unter anderem den Drossel-, Schwalben- und Meisen-Weg. So rar, wie sich diese gefiederten Freunde mittlerweile in den Städten machen, so selten zeigen sich vielerorts funktionsfähige und freie Ladesäulen im öffentlichen Raum. Elexon kümmert sich zwar um jene auf den Betriebshöfen der Logistiker, aber Scholz hat eine klare Meinung zur öffentlichen Ladeinfrastruktur hierzulande – und die ist positiv.

Elexon baut unter anderen Schnelllader
Elexon baut unter anderen Schnelllader wie diesen hier.
© Foto: Elexon

Es gibt genügend Ladepunkte

„Wenn wir die öffentlichen Ladepunkte in Relation zu den E-Fahrzeugen setzen, dann ist eigentlich genügend Ladeinfrastruktur vorhanden. Weiße Flecken gibt es im ländlichen Raum, wozu ich auch meine jetzige Heimat, das Saarland, zähle.“ Für die gut 50.000 Kilometer, die Scholz elektrisch im Jahr zurücklegt – bislang mit einem Polestar, nun mit einem Nio –, hilft die eigene Wallbox zu Hause wie auch jene hier in Aachen vor dem Büro. Dennoch findet der gebürtige Krefelder, dass man unterwegs gut mit Strom versorgt ist und man nicht aus jedem einzelnen schlechten Ladeerlebnis die Rückständigkeit von Deutschland bei der E-Mobilität ausrufen sollte, wie es auf den beruflichen sozialen Plattformen durchaus vorkommt.

Diese entspannte Einstellung ist Teil der Lernkurve, die Scholz mit dem Wechsel nach Aachen selbst vollzogen hat. Der ehemalige Flottenverantwortliche (Head of Corporate Mobility Services) der Dürr-Gruppe wechselte 2015 zu Europcar und verantwortete dort Corporate & Mobility Solutions. Es folgte ein kurzes Intermezzo bei Belmoto und damit ein Abstecher in die Weiten des Mobilitätsbudgets, bis er schließlich im Oktober 2020 als CEO zu Elexon stieß. Elexon wurde 2019 als Joint Venture von SMA Solar Technology, Aix Control und aixACCT charging solutions gegründet, sodass die Expertise um Hard- und Software beim Laden zur DNA der jungen Firma zählt.

Elexon sitzt in Aachen und setzte vor drei Jahren noch 300.000 Euro im Jahr um, zuletzt waren es 25 Millionen Euro.
© Foto: Elexon

Ladeinfrastruktur: Flaschenhals Behörde

Egal, ob Ladesäulen für B2C- oder B2B-Kunden (wie im Fall von Elexon) errichtet werden – die Genehmigungsdauer der Anträge ist immens und ein echtes Hindernis, findet Scholz. In seiner Erklärung für diesen administrativen Hemmschuh sieht Scholz die lokal agierende Verteilnetzbetreiber etwas auf weiter Flur, da es weder einheitliche Formulare noch digitale Prozesse gibt, um Baubegehren schnell bearbeiten zu können. „So liegen manche Anträge für Netzerweiterungen sechs bis sieben Monate bei den Behörden, das kann es nicht sein“, moniert der Manager. Zumal jene Logistiker, für die Elexon die Ladesäulen aufbaut, angehalten sind, möglichst CO2-neutral die letzte Meile zu gestalten, was in einen sehr großen Umwälzungsprozess dieser Flotten mündet. Der dann wiederum stockt, sobald die Behörde monatelang nichts von sich hören lässt.

„Pro Jahr bauen wir für den Logistikbereich gut 6.000 Ladepunkte auf, da sind solche Verzögerungen sehr ermüdend. Dabei mache ich den Behördenmitarbeitern keinen Vorwurf, da viele Dinge beschlossen worden sind, die nicht vernünftig kaskadiert werden“ Was hilft, ist, regelmäßig nachzufragen, damit der Antrag nicht in Vergessenheit gerät. Was noch mehr helfen würde, wäre ein einheitliches Beantragungs-Tool, das bundesweit gelten würde. Aber Digitalisierung und Deutschland – das ist auch in diesem Fall noch keine Traumhochzeit.


Masterplan Ladeinfrastruktur II - Beschlüsse

Foto diverser Ladekarte und Ladeapps zum Aufladen von Elektroautos unterwegs im öffentlichen Raum Bildergalerie

Elexon: Der Markt treibt an

Traumhaft verliefen indes die letzten drei Jahre, wie ein Blick in die Elexon-Bilanz zeigt. Der Markt ist „pushy“, wie Scholz sagt, das heißt, Anfragen gibt es viele – das Wachstum, das der Manager als „über dem Niveau des Marktes“ skizziert, ist dennoch mit Wachstumsschmerzen verbunden. Aus 24 Mitarbeitern im Jahr 2022 wurden aktuell 64, bis zum Jahresende sollen es fast 80 werden, so die Prognose; über die Hälfte der Angestellten arbeiten übrigens nicht in Aachen. Die zweite Prognose lautet: 7.500 bis 8.000 Ladepunkte. Pro Jahr. Das plant der Elexon-Manager.

Etwa 70 Prozent des Geschäfts laufen östlich von Aachen, also in Deutschland, die restlichen 30 Prozent verteilen sich auf 21 Länder in Europa – zum Großteil durch die Nachfragen von Bestandskunden getrieben –, sodass man vieles lernen kann, was das Ausland besser oder schlechter macht, um die vielzitierte Transformation zur CO2-freien Mobilität hinzubekommen. Die Förderung oder Subventionen sind ein wichtiger Stellhebel, das zeigt sich etwa in den Niederlanden, deren E-Auto-Quote auf der Straße beachtlich ist. In Deutschland wird gerade die staatliche Förderung für Teil- und Vollzeitstromer teilweise oder ganz zurückgefahren, was Scholz eher wahrnimmt, als es als Vorwand zum Klagen verwendet: „Wir müssen mit dem Leben, was auf den Tisch kommt.“ Das zweistellige EBIT-Ergebnis, das die Aachener ausweisen, ist Beleg dafür.

Elexon baut vor allem für Logistiker deren Ladeinfrastruktur auf. Das waren zuletzt gut 6.000 Ladepunkte im Jahr.
Elexon baut vor allem für Logistiker deren Ladeinfrastruktur auf. Das waren zuletzt gut 6.000 Ladepunkte im Jahr.
© Foto: Elexon

Ladesäulen: Deutschland ist streng

Sorgenfalten zeichnen sich auf Scholz‘ Gesicht eher dann ab, sobald die deutsche Eigenart der Eichrechtskonformität zur Sprache kommt. „Ein MID-Zähler zählt genauso gut wie ein eichrechtskonformer Zähler. Das funktioniert im Ausland, aber nicht in Deutschland.“ Wahr ist, dass andere Länder nicht ganz so strenge Vorgaben wie Deutschland haben, da auch die entsprechende EU-Richtlinie nicht so streng ist wie das deutsche Eichrecht. Für eine Technik, die von ihrer Skalierbarkeit lebt, ist das dennoch ein Thema. Trotz allem sieht Scholz Deutschland in puncto Ladeinfrastruktur weit vorn in Europa. Gerade in Bezug auf den Aufbau von DC-Ladern im öffentlichen Raum betrifft, also jenem Bereich, in dem die Rheinländer nicht aktiv sind, ist der CEO angetan. „Die Anbieter machen hier einen wirklich guten Job. Da ziehe ich meinen Hut vor.“

Scholz gehört zu jenen in der Branche, die nicht nur auf ihren Bereich schauen, sondern das „große Ganze“ in den Blick nehmen und sich freuen, wenn Dinge vorangehen, die dem großen Ziel der CO2-neutralen Welt näherkommen. „Die größte Teilhabe für alle, die sich an der Energiewende beteiligen, liegt im Fortbestand unseres Planeten. Das sollte intrinsische Motivation für alle sein“, sagt der Krefelder – nicht anklagend, sondern nach Verständnis beim Adressaten suchend.  

Dass die nötigen Veränderungen schmerzhaft sein können, weiß man auch in Aachen. Dass man dennoch auf Veränderungen mit positiven Signalen reagieren kann, zeigt man ebenfalls. So geschehen bei der freiwilligen Zahlung einer Energiezulage, noch bevor dafür eine steuerrechtliche Möglichkeit geschaffen wurde. Es wurde ein Problem erkannt, und man widmete sich der schnellen und fairen Lösung. Der Lohn dafür war auch die mediale Berichterstattung, die weit über die Branche hinausreichte, aber in erster Linie waren es hoch motivierte Mitarbeiter. Zumal die Zahl der Initiativbewerbungen in dieser Zeit deutlich zunahm. „Wachstum ist speziell für ein junges Unternehmen, wie wir es sind, eine Herausforderung. Das geht mit Reibungsverlusten einher, die schmerzhaft sein können. Ich kann allen jungen Firmen nur raten, von Anfang an einen starken Fokus auf die Etablierung von Prozessen zu haben, mit dem Ziel, den Workload in geregelte Bahnen zu bringen.“

Mit dem Stromer laden ist das Kerngeschäft von Elexon, die die nötige Ladesäule herstellen, installieren und betreiben.
Mit dem Stromer laden ist das Kerngeschäft von Elexon, die die nötige Ladesäule herstellen, installieren und betreiben.
© Foto: Elexon

Akkutausch früher und heute

In neue Bahnen bringt Scholz gerade das Thema Dienstwagen, denn er fährt jetzt einen Nio ET7, der sein Batteriepack wechseln kann. Das ist gewissermaßen ein Gruß aus der eigenen Vergangenheit. Als Scholz noch für die Dürr-Gruppe aktiv war, beteiligte sich der Stuttgarter Maschinenbauer am Better-Place-Projekt von Shai Agassi in Israel, erinnert sich der Manager. Eine Wechselstation für die Auto-Akkus stand damals auf dem Werks-Campus und faszinierte Scholz sofort. Deshalb findet er nun seinen Nio-Dienstwagen doppelt spannend, da die Chinesen das „Swappen“ nun auch in Deutschland salonfähig machen möchten. Die Idee, durch das Tauschen der Batterie jene Reichweite zu erhalten, die es für die anstehende Fahrt braucht, findet Scholz auch für Dienstwagenfahrer interessant. Alles, was der Praktikabilität und damit der Akzeptanz der Elektromobilität nützt, findet seine Zustimmung.

Für Unmut sorgt indes immer noch die Lade-Performance vieler Modelle, was auch wir von der Redaktion immer wieder beim Unterwegsladen feststellen müssen. Hier sieht der Elexon-CEO prinzipiell die Ladekurven der E-Autos als recht stabil an, sodass das Zusammenspiel aus errechneter und erreichter Ladezeit und Ladeleistung nicht allzu weit auseinanderliegen sollte. Dennoch appelliert er an beide Seiten, dass sich jene, die sich als Nutzer auf die E-Mobilität einlassen, gut informieren sollten (etwa zur Frage: Bei welchem SoH lade ich am besten?), und dass jene, die die Produkte und Dienstleistungen erbringen, diese Infos transparenter weitergeben sollten. In beide Richtungen sieht er also Nachholbedarf. Den eigenen Infobedarf deckt der Dienstleister, indem er etwa alle E-Transporter, welche die Logistiker einflotten wollen, vorab in Aachen testet und die Ladesäulen darauf abstimmt. Das soll eine stabile Lade-Performance gewährleisten, denn ungeplante Standzeiten sind in der Logistik inakzeptabel.

Elexon: Skalieren oder verlieren

Die wichtigste Frage, die sich ein Fuhrparkleiter stellen sollte, der seine Flotte elektrifizieren möchte, ist laut dem Profi die Einstiegsfrage: Für was benötige ich welches Fahrzeug? Anhand dieser vielstimmigen Antwort sollte dann eine Car-Policy entstehen, die ein klares Regelwerk darstellt. Das Gleiche gilt für die Roadmap der eigenen Ladeinfrastruktur: „Hier muss niemand sofort nur Schnelllader bauen, die teuer sind, sondern man sollte klein starten und dennoch den Rahmen setzen, schnell wachsen zu können.“ Da die baulichen Vorarbeiten der größte Posten in der Endabrechnung sind, sollte man sich hier Zeit nehmen, den aktuellen und künftigen Bedarf realistisch einzuschätzen.

„Wer nicht skalierbar plant und baut, zahlt später oft doppelt“, mahnt Scholz und ergänzt: „Eine günstige Wallbox ist dabei genauso wenig sinnvoll wie die Idee, immer nur schnellladen zu wollen. Die Produkte müssen qualitativ zuverlässig sein und die Ladegeschwindigkeit der Fahrzeuge zu deren Standzeiten und der Verfügbarkeit an Ladeleistung passen.“ Passt alles zusammen, dann ist auch eine Verfügbarkeit der Ladepunkte von 99,8 Prozent möglich, wie sie in einem Projekt mit einem sehr großen Kunden momentan erreicht wird.

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