KEP-Unternehmer Weinhut: Fürchtet KI nicht – macht!

28.10.2025 03:25 Uhr | Lesezeit: 3 min
Weinhut
Andreas Weinhut (li.) im Gespräch mit Autoflotte-Redakteur Rocco Swantusch.
© Foto: Rocco Swantusch

KI macht vielen Angst, andere nehmen es ernst. Wenige sind dabei so tief damit verwurzelt wie der Unternehmer Andreas Weinhut. Er zeigt, wie die Technik hilft, und macht Mut.

Frage an ChatGPT: Was macht Weinhut aus Neutraubling besser als andere KEP-Dienstleister?

"Weinhut ist dann die bessere Wahl, wenn es auf Qualität, persönliche Betreuung, Flexibilität und regionale Stärke ankommt - besonders im B2B-Umfeld, wo Standard-sendungen nicht ausreichen. Für Unternehmen, die nicht nur Preis, sondern Zuverlässigkeit und Servicequalität im Blick haben, bietet Weinhut oft einen echten Mehrwert gegenüber den ,Großen'."

Eine Passage mithilfe von ChatGPT zu schreiben (besser: von ChatGPT geschrieben) ist im ersten Moment etwas phantasielos. In diesem Fall aber nutzen wir das gleiche Werkzeug wie ein pfiffiger Unternehmer, nur dass seine Anwendungen smarter, effizienter und fuhrparkrelevanter sind als die einleitenden Worte. Denn je länger man den KI-Assistenten mit den Themen aus seinem Umfeld trainiert, desto realitätsnäher sind die Ergebnisse.

Weinhut setzt seit einigen Jahren bereits auf Künstliche Intelligenz (KI) und praktiziert dies bei unserem Besuch in Neutraubling so umfassend, dass man sich selbst fragt: Ist das nun die Zukunft des Arbeitens für alle? Die grundsätzliche Frage lautet für den jungen Firmenchef immer: Wie kann ich die KI nutzen, um die Aufgabe zu lösen?

Große Mannschaft bei Weinhut

Die KI kennt mittlerweile das mittelständische KEP-Unternehmen aus Neutraubling bei Regensburg so gut wie Andreas Weinhut selbst. Das Team von rund 135 Mitarbeitern und die Flotte mit knapp 80 Fahrzeugen werden von jenen fünf gemanagt, die laut Weinhut als einzige "nicht selbst fahren oder in der Werkstatt arbeiten". Ob nun im Blaumann oder in Bürokleidung: Alle Mitarbeiter eint die Neugier, ein großer Grad an Pragmatismus und der Sinn für einfache KI-Tools. Denn am Ende wird die Arbeit dadurch nicht weniger, vielmehr lassen sich in der gleichen Zeit viele neue Projekte und Aufgaben erledigen. Der Geschäftskern kann also wachsen, wie wir im Laufe des Vormittags sehen werden.

Das Gespräch beginnt mit einem Geständnis: "Ich bin Politikwissenschaftler - ich habe keine Ahnung von Technik", gesteht Weinhut lachend. "Aber ich habe Lust, Dinge besser zu machen." Genau das tut er - und zwar mit KI. Statt auf Fachwissen setzt er auf Werkzeuge wie ChatGPT, Fireflies oder Samsara. Sie helfen ihm, seinen Betrieb effizient zu steuern, Ausfallzeiten zu reduzieren und Entscheidungen schneller zu treffen. Und sie unterstützen ihn dabei, seinen Fuhrpark Schritt für Schritt in Richtung Elektromobilität zu transformieren.

Weinhut: KEP, Werkstatt & mehr

Weinhut hat den Betrieb 2018 von seinem Vater übernommen - gegründet wurde das Unternehmen 2005 als UPS-Vertragsdienstleister mit 55 Mitarbeitern und 45 Fahrzeugen. Weinhuts Vater allerdings kam bereits 1987 zu UPS, als sich der US-Riese bereits länger als eine Dekade in Deutschland niedergelassen hatte (das war 1976) und übernahm 2005 den jetzigen Standort. Inzwischen fahren seine Fahrzeuge auch für andere Systemgeber wie FedEx oder Fahrzeugteile-Großhändler.

Seit 2022 betreibt Weinhut eine eigene Werkstatt für leichte Nutzfahrzeuge, inzwischen zertifiziert als Kfz-Meisterbetrieb. "Früher haben wir Fahrzeuge alle sechs bis acht Jahre ersetzt. Jetzt lassen wir sie länger laufen, weil wir sie in unserer eigenen Werkstatt präventiv warten. Das spart enorm Geld", weiß Weinhut.

Weinhut, Werkstatt
Weinhut betreibt eine eigene Werkstatt
© Foto: Rocco Swantusch

Doch das reicht ihm nicht. Weinhut denkt weiter - mit Daten. In jedem Fahrzeug steckt ein Gateway mit Sensoren, Kamera und Telematik. Die KI-basierte Plattform Samsara liefert Echtzeitinformationen: Position, Fahrverhalten, Motordiagnose, Temperatur, Batteriespannung. Zu sehen ist das Ganze auf einem großen Monitor in seinem Büro. Das ermöglicht präzise Analysen, etwa zur vorbeugenden Wartung.

"Die Lichtmaschine kann kaputtgehen, ohne dass der Fahrer es merkt", erklärt Weinhut. "Aber wenn die Batteriespannung abfällt, löst das System einen Alarm aus. Dann schicken wir jemanden mit Ersatzbatterien raus - bevor das Auto liegen bleibt."

KI ersetzt nicht, sie ergänzt

"Ich frage die KI nicht, ob ich etwas tun soll, sondern wie ich es am besten tue", präzisiert der Oberpfälzer. Für ihn ist ChatGPT kein Orakel, sondern ein Tool, das er strategisch einsetzt. Ein Beispiel: die erwähnte Werkstatt. Er hat sich ein eigenes "Custom GPT" gebaut, das mit Daten über Fahrzeuge, Motorcodes und Fehlerhandbücher gefüttert wurde. "Ich tippe ein Kennzeichen und den Fehlercode ein - die KI sagt mir, was wahrscheinlich kaputt ist, wie lange die Reparatur dauert und was es kosten könnte." So kann er besser mit seinem Werkstattteam kommunizieren, ohne selbst Mechatroniker zu sein.

Auch für organisatorische Aufgaben nutzt Weinhut KI. So gab es beispielsweise Probleme mit einem der Pakettransporter, der sich im ländlichen Raum festgefahren hatte. Weinhut analysierte per Satellitenbild, wo der nächstgelegene Bauernhof war, nahm Kontakt auf und der schickte Hilfe. Im Anschluss wollte er sich bei dem freundlichen Helfer bedanken und ließ dafür von ChatGPT einen Brieftext entwerfen samt Bestellliste für eine Geschenkidee. "Solche Ideen hatte ich schon lange - aber erst mit KI habe ich sie auch umgesetzt."

Weinhut will Zeit sparen, Qualität schaffen

Ein weiteres Lieblingswerkzeug von Weinhut ist Fireflies, ein Tool zur automatischen Transkription und Zusammenfassung von Meetings. "Ich kann nicht bei jedem Termin dabei sein, aber mein KI-Agent hört mit, erstellt ein Protokoll und gibt mir die wichtigsten Punkte wieder. So verliere ich nichts, bleibe informiert und spare mir das Briefing."

Wichtig ist dem gelernten Politikwissenschaftler, dass vorab alle Gesprächspartner gefragt werden, ob "das Band" mitlaufen darf. Denn er weiß um die Vorbehalte beim Thema Datenschutz. Nichtsdestotrotz liegt hier jenes Potenzial, das er mittlerweile in kleinen Schulungen anderen in der Branche vermittelt. Denn ohne die Daten und deren zielführende Analyse gibt es keinen Fortschritt - gerade für die kleinen Unternehmen, die sich weder ein IT-Team noch Cloud-Experten oder Geschäftsentwickler leisten können.

KI als Kommunikationshilfe

Auch strategische Entscheidungen trifft er datenbasiert. Bei der Einführung von Dual-Dashcams - mit KI, die erkennt, ob die Fahrer abgelenkt oder müde sind - ließ er sich ein komplettes Datenschutzkonzept von ChatGPT entwerfen. "Ich habe drei volle Tage mit der KI gearbeitet. Das ist nicht Prompt rein, Lösung raus - das ist iteratives Arbeiten. Aber es spart Geld und Zeit, weil ich keine Kanzlei brauche."

Am Ende schaut immer noch ein Experte drüber, etwa über die AGBs, welche für die neue Werkstatt aufgesetzt wurden. Aber die Vorarbeit lässt sich mit den richtigen KI-Werkzeugen und einer gewissen Erfahrung deutlich schneller erledigen als früher. Weinhut betont: "Ich habe KI-Assistenten für LinkedIn, E-Mails, Strategie, Werkstatt - das ersetzt keine Menschen, aber es entlastet sie."

Elektrifizierung der Weinhut-Flotte

Ein Großprojekt ist und bleibt die schrittweise Elektrifizierung der eigenen Flotte. Doch auch hier ist die Realität komplizierter. "Unsere Fahrzeuge stehen nachts nicht bei uns, son-dern auf Kundenhöfen - oft ohne Lademöglichkeit." Öffentliche Ladein-frastruktur ist für den Logistikbetrieb kaum praktikabel: blockierte Ladepunkte, keine Garantie auf freie Plätze, keine AC-Ladeplätze am Wochenende. Dennoch hat Weinhut als Test-ballon vier elektrische Mercedes-Benz Vitos bestellt und testet derzeit, ob sich der Betrieb mit gezieltem Hypercharging im Alltag umsetzen lässt. Die Tagestouren liegen bei 200 bis 270 Kilometern.

"Wir zocken gerade", sagt er ehrlich. "Wir verlassen uns darauf, dass die Fahrzeuge an Schnellladern unterwegs nachladen können. Wenn's klappt, wissen wir, wie wir die Umstellung stemmen können." Parallel verhandelt er mit Energieversorgern und der Kommune, um Ladepunkte an einem Pendlerparkplatz in der Nähe seines Depots zu schaffen. Aber die langfristige Planung bleibt schwierig: "Wenn der Auftraggeber das Depot verlegt, habe ich als Mieter keine Sicherheit, deshalb will ich die Infrastruktur nicht selbst bauen."

Wie es hier weitergeht, wird man sehen. Aber durch das effiziente Managen des Tagesgeschäfts hat Weinhut Zeit, sich auch mit diesen Themen auseinanderzusetzen.

Weinhut kauft Mitarbeiterwohnungen

Ein weiteres Beispiel erklärt er uns prompt. Mitarbeiterwohnungen. Da in der Studentenstadt Regensburg Wohnraum knapp ist und es gerade für neu eingestellte Fahrer in der Probezeit schwer ist, eine Mietwohnung zu finden, kauft Weinhut selbst Wohnungen und vermietet diese zu fairen Preisen an seine Mitarbeiter.

Diese zeitintensive Aufgabe, die weit weg vom Kerngeschäft des Zustelldienstes ist, geht nur mit der beschriebenen Art zu arbeiten, die jedem im Team mittlerweile zu eigen geworden ist.

Keine wirkliche Frage der schieren Firmengröße

Die Begeisterung des Chefs für neue Arbeitsmittel schwappte mit den schnellen Erfolgen auf alle anderen im Unternehmen über. Was ein Beispiel für andere Mittelständler sein kann, die noch vor der KI zurückschrecken, die meinen: KI ist zu komplex, zu teuer, zu fremd. "Ich habe keine technische Ausbildung, aber ich weiß, was ich brauche, und ich weiß, wie ich mit der KI sprechen muss, damit sie mir hilft." Ein bisschen Übung sei nötig, aber der Effekt sei enorm. Das zeigt auch unser kurzweiliger Vormittagsbesuch in Neutraubling. Am frühen Nachmittag muss Weinhut los, jetzt in der Rolle des dreifachen Vaters.

"Ich arbeite real weniger Stunden, aber ich schaffe mehr. Ich bringe meine Kinder öfter in den Kindergarten, weil ich effizienter bin." KI helfe ihm, Ideen umzusetzen, Konzepte zu entwickeln und Abläufe zu verbessern, ohne dass er sich in jedes Detail einarbeiten muss. Weinhut düst los, aber sein letzter Satz hallt noch lange nach: "Man wird nicht von KI ersetzt, sondern von Menschen, die wissen, wie man mit KI arbeitet."


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