Schindler: Service auf Rädern

27.10.2025 04:03 Uhr | Lesezeit: 3 min
Schindler Bike
So sieht Mobilität bei Schindler aus.
© Foto: Schindler

Bei Schindler Deutschland beginnt der Arbeitstag für einige Servicetechniker an Mikrodepots, in denen ihre Cargobikes über Nacht geladen wurden. Damit geht's schneller und stressfreier.

Bei Mikrodepots dachte man bislang vor allem an DHL-Packstationen, KEP-Lager und die letzte grüne Meile. Auch Schindler Deutschland nutzt seit Mai 2024 zentrale Lagerstellen und nennt sie "Flexpoints". Weltweit bewegt der Anlagen-Betreiber laut eigener Aussage mit seinen Mobilitätslösungen zwei Milliarden Menschen am Tag. Das macht neugierig, wie die Depots in Schindlers Gesamtstrategie passen.

Mehr Fuhrparks im Porträt

Denn in den zentral positionierten Flexpoints lagern bei Schindler keine auszuliefernden Waren, sondern wetterfeste Cargobikes. Servicetechniker steigen zu Schichtbeginn dort auf und radeln zu ihren Kunden - für die Wartung und Reparatur von Aufzügen und Fahrtreppen. Bei Notfällen in der Nähe wird der Techniker mit Cargobike ebenfalls informiert. Geliefert wird also die Dienstleistung, kein Paket. Ohne Stau, ohne Parkplatzsuche.

"Die Entscheidung für die Cargobikes hatte mehrere Gründe, zentral war unsere Nachhaltigkeitsstrategie", sagt Aylin Celiker, Product Specialist Portfolio bei Schindler Deutschland. Das Unternehmen will bis 2040 Net-Zero sein. "Auch das Verkehrsbild in den immer enger werdenden Städten, die ein Vorankommen und Parken mit dem Auto erschweren, war ein Auslöser für die Suche nach Alternativen", ergänzt die Wirtschaftsingenieurin, die seit 2020 bei Schindler arbeitet. "Da war es naheliegend, auf Fahrräder umzusteigen."

Mobilität bei Schindler

Bei Schindler Deutschland kümmern sich ein zentrales Team in Berlin sowie zwei Außenstellen in Berlin und Neuss um das Fuhrparkmanagement. Vor vier Jahren begann das Unternehmen damit, seine Flotte zu elek-trifizieren - inklusive Lade-infrastruktur bei der Arbeit sowie zuhause - und weitere Mobilitätsbausteine zu lancieren. Von den bundesweit über 3.000 Fahrzeugen stromern heute 1.150, Tendenz steigend. Ein weiterer Meilenstein: die Zertifizierung als "fahrradfreundlicher Arbeitgeber" durch den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club. Auch neue Mobilitätsangebote wie Mobiflex, ein Kombi-Angebot von kleinem E-Auto und privat nutzbarem Mobilitätsbudget, gehören zum Portfolio.

Konkret setzte Schindler auf die LEV (Light Electric Vehicles) des Berliner Unternehmens Citkar, das mittlerweile zum Automobilzulieferer Mubea gehört: Die jeweils zwei Akkus der E-Lastenräder reichen für 50 Kilometer. Die dazugehörige Box, eigentlich für Paketauslieferdienste konzipiert, ist so groß, dass Schindler dort in einem eingebauten Regalsystem Klein-, Ersatzteile oder auch mal einen größeren Karton transportieren kann. "Im Kofferraum des Ford Focus Turnier ist der Platz begrenzter", bemerkt Celiker. Die beim Kunden benötigten Teile werden dabei meist über Nacht an die Flexdepots geliefert.

Weniger Stress bei Schindler

Was als Pilotprojekt startete, wird bei Schindler inzwischen deutschlandweit immer weiter ausgerollt, wie Hanno Müller berichtet, der bereits seit 33 Jahren für die Firma arbeitet. Seit drei Jahren betreut er als Head of Mobility bei Schindler Deutschland alle Mobilitätsthemen. "Wir starteten mit zwei Technikern an der S-Bahn-Station Berlin-Gesundbrunnen, wo mit DB Smart City als Partner unser erster Flexpoint in Form eines Containers auf dem DB-Gelände aufgestellt wurde", erinnert er sich an die Anfänge des radelnden Services.

In Berlin touren aktuell sechs Cargobikes, bis Ende 2025 sollen deutschlandweit 25 unterwegs sein. Aktuell setzen (sich) bereits Schindler-Servicetechniker in Berlin, München, Frankfurt und Münster aufs Rad. "Wenn wir neue Städte gewinnen, müssen Einsatzgebiet und Nutzung passen", sagt Celiker. "Denn wir wollen, dass die Bikes einen echten Mehrwert für unsere Techniker und Kunden bringen." Verständlich, denn die Cargobikes kosten mit Beklebung, Ausbau und Auslieferung jeweils so viel wie ein Kleinwagen, ein Teil davon wird gefördert. "Das Konzept der Service-Depots funktioniert für uns an den Orten sehr gut, wo viele Kunden in einem gewissen Gebiet gebündelt sind", so Müller.

"Die Begeisterung ist groß", berichtet er von den Reaktionen derer, die sich für das E-Radeln entschieden haben. "Zu den kurzen Wegen zwischen Rad und Anlage und zur Zeitersparnis ohne Staus und Parkplatzsuche kommen der Spaß an der Bewegung und das Plus für die Gesundheit. Und ganz nebenbei nehmen wir so weniger Raum in den Städten ein." Alles zahle auf die Zeit und damit auf die Effizienz ein. Das heißt, Schindler kann täglich ein, zwei Kunden mehr bedienen. Den radelnden Mitarbeitern steht ihr Firmenwagen mit Recht auf Privatnutzung aber trotzdem weiterhin zur Verfügung, ergänzt Müller: "Andernfalls würde das Projekt nicht funktionieren, man muss die Leute abholen." Für die tägliche Routenplanung durch die Serviceabteilung kam also nur "Cargobike" als neue Option dazu. "Natürlich haben wir die Aufzüge im Einzugsgebiet der Flexpoints so gebündelt, dass das Einsatzgebiet der Cargobikes immer überschaubar ist", so Müller. Gleichzeitig sollen sich die Servicetechniker stets um dieselben Kunden und Anlagen kümmern - gemäß des Prinzips "One face to the customer". "Kreuzen sich Routen an Flexpoints, können die Cargobikes auch als Poolfahrzeug genutzt werden", so Celiker.

Schneller beim Kunden sein

Die Marketingabteilung freut sich über die Bikes mit ihren Werbeflächen auf der Box. Zudem reihen sich die Bikes nahtlos in den "Green Service" von Schindler ein - eine Kombination aus klimafreundlicher, digitaler Fernwartung, ausgewiesener CO2-Bilanz und elektrifizierter Flotte. Der Service auf Rädern kommt laut Celiker und Müller daher gut bei den Kunden an. "Einige setzen genau wegen unserer grünen Strategie auf uns", so Müller. "Zudem steigt die Verfügbarkeit der Anlagen, weil wir schneller vor Ort sind - noch ein Mehrwert für Kunden."

Seit dem ersten Flexpoint hat sich das Konzept weiterentwickelt. "Wir testen mittlerweile auch Depots im Mietmodell, etwa mit dem Mobilitätsreferat der Landeshauptstadt München als einer von fünf Mietern im Radlogistik-Hub am Viehhof", so Celiker. Parallel dazu laufen Überlegungen zu verschiedenen Partnerschaften an weiteren Standorten.

Erste, positive Bilanz für Schindler

Fest steht für Schindler schon heute: Die Handhabung der Cargobikes ist einfach, die Einweisung durch den Hersteller inklusive Dokumentation erfolgt in wenigen Minuten. Mitarbeiter erhalten einen Helm, den sie tragen können; eine Kennzeichenpflicht für das Rad besteht nicht. Im ersten Jahr bilanzieren Celiker und Müller: Keine Unfälle, keine Ladeschwierigkeiten, nur ein platter Reifen. Sonst laufe die Cargobike-Flotte problemlos. "Die Tageslaufleistung liegt bei rund 30 Kilometern - und das von Ostern bis Oktober", erklärt Müller. Im Winter stehen die Bikes still - wobei die ersten Techniker schon bei gutem Februar-Wetter auf den "Sattel" gestiegen sind.

In der Pilotphase in Berlin sparten die Techniker durchschnittlich eine Stunde pro Tag, zudem schlagen die Cargobikes mit lediglich rund zwölf Gramm CO2/km zu Buche. "Aktuell fahren die Cargobikes parallel zu den Dienstwagen, sodass sich das Konzept finanziell noch nicht amortisiert", so Müller. "Aber wir wollen die Mobilitätsthemen vorantreiben und wenn man nicht beginnt, wird man auch kein Ziel erreichen. Dafür haben wir die Rückendeckung unserer Geschäftsleitung, die einen klaren Fokus auf Nachhaltigkeit setzt."

Perspektivisch könnte sich der Mobilitätschef aber vorstellen, auf Basis der mit den Cargobikes gesammelten Erfahrungen die Automobilität zu verändern: "Für wen das eine attraktive Option ist, mit Cargobike ganz aufs Auto zu verzichten, warum nicht? Damit werden wir langfristig noch nachhaltiger werden."


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