-- Anzeige --

Aiways U6 Fahrbericht: 100.000 Kilometer bis zur Inspektion

11.04.2023 09:38 Uhr | Lesezeit: 5 min
Der Aiways U6 ist eine adrette Erscheinung. Mit 4,80 Metern ist das 45.000-Euro-SUV (brutto) stattlich und groß. Der Ladeanschluss befindet sich für die meisten eher unglücklich vorne links.
© Foto: Dani Heyne

Aiways war einer der „frühen Chinesen“ bei uns. Seit gut zwei Jahren ist der Aiways U5 erhältlich. Im Sommer 2023 soll der größere und dennoch sportivere Aiways U6 in Deutschland anrollen – wir sind schon mit ihm gefahren.

-- Anzeige --

Über die Besonderheiten von Aiways bezüglich des 100.000.-Kilometer-Inspektionsintervalls, des nicht vorhandenen Händlernetzes – die Fahrzeuge werden bei einem der rund 50 Euronics-Partner gekauft, Großkunden bestellen direkt bei Karim.Ben.Naceur@ai-ways.eu und alle Werkstattarbeiten werden bei ATU erledigt – haben wir bereits im Frühjahr 2022 berichtet. Geleast wird seit rund einem halben Jahr über Arval und die Zulassung übernimmt (für Käufer kostenfrei) der DAD.

Dabei machte das erste Modell von Aiways einen durchaus überzeugenden Eindruck – nicht nur angesichts des damals günstigen Preises von 37.569 Euro (brutto, ohne Einberechnung von Förderungen), sondern auch im Hinblick auf ein Erstlingswerk des 2017 gegründeten Automobilherstellers. Potenzial für Verbesserungen gab es aber allemal, von der Ladeperformance über das gesamte Infotainmentsystem bis hin zu eher Kleinigkeiten wie dem fehlenden Handschuhfach. 


Aiways U6

Aiways U6 gelb vor Cabo da Roca Portgual westlichster Punkt von Europa (Festland) Bildergalerie

Aiways U6: er will sportlich und geräumig zugleich sein

Nun starten die in München europäisierten Chinesen den zweiten Versuch – was angesichts der gebotenen Qualität etwas bösartig ausgedrückt ist. Nach dem SUV U5 kommt ab Sommer der U6. Dabei handelt es sich – oh Wunder – um ein SUV. Etwas sportiver mit abgeflachtem Heckklappenverlauf zeigt das Maßband nach dem Anlegen eine Länge von 4,80 Metern an. Damit gliedert sich der im Aiways-Werk Shangrao produzierte U6 größenmäßig etwas oberhalb des U5 sowie vom Skoda Enyaq (4,65 Meter), VW ID.5 (4,60 Meter) und beispielsweise Mercedes EQB ein. Gewichtsmäßig rangiert er mit 1,8 Tonnen am unteren Ende. Seine Zuladung beträgt brauchbare 500 Kilogramm, damit gelingt der Familienurlaub im Aiways U6. Rund 470 Liter Gepäck passen ins Heck, das jedoch ohne Sichtschutzrollo und – wie bei chinesischen Fahrzeugen üblich – ohne jegliche Verzurrösen auskommen muss.

Aiways U6 in gelb Foto von hinten
© Foto: Dani Heyne

Für die Passagiere bietet der U6 fürstliche Platzverhältnisse. Das haben die Aiways-Designer echt gut gemacht. Ob dagegen jedem die bislang einzig erhältliche Innenausstattung gefällt, bleibt zu bezweifeln. Da würde weniger vielleicht mehr bedeuten. Etwas zu wenig gibt es hingegen bei den Sitzverstellmöglichkeiten. Der Fahrersitz ist trotz serienmäßiger E-Verstellung nicht für alle Körper so zu justieren, dass es passt (es gibt auch keine Lendenwirbelstütze). Das bemängelten wir bereits beim U5. Seinen Anteil daran trägt auch die Lenkradverstellung, die ist vor allem axial etwas zu kurz geraten. Immerhin ist das Lenkrad nun fast rund und damit griffiger als das eckige des U5 und verdeckt auch aufgrund des reduzierten aber voll informierenden Kombiinstruments nichts mehr.

 Bedient wird das Allermeiste über das Menü im Hauptdisplay, das 14,6-Zoll misst. Die Anzeigen sind kleinteilig und daher während der Fahrt nicht immer gut zu treffen. Einige Funktionen, wie das Deaktivieren des Lane-Assist, der beim Fahren extrem „aufmerksam“ ist und rigide eingreift, braucht nicht nur Übung, sondern auch Augenkontakt. Da hat Aiways aber bereits Abhilfe in Aussicht gestellt. Es soll bis zur Markteinführung ein kleines Feld unten links geben, das die Assistenten auf einen Knopfdruck auf die zuvor eingestellte Vorliebe des letzten Fahrers zurückholt. Das gelingt, wie viele andere Dinge auch OTA (Over-The-Air-Updates). Immerhin, muss man schreiben, das bieten andere gar nicht an. Mal sehen, wie lange die Gesetzgebung so etwas noch zulässt. Das Autofahren wird mit der Möglichkeit des Abschaltens vielleicht nicht sicherer, aber deutlich entspannter.

Aiways U6 Infotainmentsystem INnenaufnahme
Wie bei den meisten Herstellern ist die Software noch nicht fehlerfrei.
© Foto: Dani Heyne

Ein Traum wäre ein komplett individualisierbares Menü. Autohersteller sollten sich ein Beispiel am Seniorenhandy nehmen. Die wichtigsten Funktionen liegen stets parat. Was die wichtigsten Funktionen sind, sollte jedoch der Nutzer selbst entscheiden können.

Auch kleine Bugs, wie das direkte Zurückspringen des Fahrmodus, wenn man diesen gerade verstellt hat, soll bis zur Markteinführung behoben sein und Apple Carplay auch kabellos funktionieren – das schaffen bis heute nicht mal Hyundai, Kia und Genesis. Ach ja: Ein Navigationssystem gibt es nicht. Wer beispielsweise Ladestopps einplanen möchte, kann den Aiways U6 jedoch mit der App namens Pump verknüpfen – diese soll die idealen Ladestrategie für die Touren bereithalten – macht allerdings fünf Euro im Monat Gebühr.

Aiways U6: Gute Verarbeitung

Kritikpunkte gibt es also – wie fast immer mittlerweile: bei Softwarethemen. Denn an den Materialien und der Verarbeitung kann man im Aiways U6 nicht meckern. Klar, das Plastik ist Plastik und wenige Teile fühlen sich handschmeichelnd an. Das Möchtegern-Leder sieht nicht nur nach Plastik aus, es ist logischerweise auch welches, heißt aber bei E-Autos „vegan“. Warum die Hersteller nicht einfach Stoffsitze reinmontieren, fragt man sich.

Die Karosserie ist sauber verschweißt, lackiert und die Teile gut zusammengesetzt (Spaltmaße). Knapp 0,25 lautet der Cw-Wert des U6, der eine Bodenfreiheit von 16,5 Zentimetern aufweist. Ein recht langer Überhang und die Sportallüren in Form der Karbon-Imitat-Flaps vorne sind dennoch empfindlich. Die Windschnittigkeit ist vielleicht aber auch aufgrund dieser Details recht gut. Die Stirnfläche ist SUV-typisch groß, was sich meist mit erhöhten Verbräuchen bemerkbar macht. Im WLTP-Modus gefahren, soll der U6 rund 16 kWh auf 100 Kilometern benötigen. Wer in der Stadt und auf Landstraßen unterwegs ist, drückt den Verbrauch auch auf unter 15 kWh. Eine Wärmpumpe ist serienmäßig an Bord und hilft im Winter, weiter zu kommen. Am brutto 63 kWh messenden Akku, der aus 24 Modulen des Herstellers CATL besteht, hat sich im Vergleich zum Aiways U5 nichts verändert. Damit sollen rund 400 Kilometer möglich sein. Befüllt wird das Batteriepack mit 11 kW an der Wallbox und maximal 90 am DC-Lader. Die Chinesen haben es mit dem DC-Ladetempo generell nicht so. Ein Ora Funky Cat lädt mit maximal 67 und ein Nio ET7 für 90.000 Euro mit maximal 130 kW. Ein ebenfalls rund 45.000 Euro teurer Hyundai Ioniq 5 schreibt hier 200 in die Ladekurve.

Beim Antrieb hat Aiways angeblich Hand angelegt. Bemerkbar ist das nicht. Die Leistung steigt leicht auf 218 frontgetriebene PS, die Endgeschwindigkeit bleibt mit 160 km/h im üblichen und ausreichenden Bereich. Vom Motor hört man nichts. Kein Summen, kein Surren. Lediglich der Fußgängerwarnton (AVAS) hat eine etwas nervige Note, die auch im Innenraum bei Geschwindigkeiten unter 30 km/h zu hören ist. Zu hören ist sonst nichts. Der Aiways U6 liegt satt auf der Straße und federt und dämpft anständig. Auf der Hinterachse schwingt er etwas nach, was bei empfindlichen Gemütern durchaus Unbehagen auslösen kann. Vor allem auf portugiesischen Autobahnen, die nicht zu den besten gehören.

Kein Sonderangebot

Anders als der U5 ist der Aiways U6 kein Sonderangebot. Mit 45.500 Euro (brutto) vor Förderungen reiht er sich bei Skoda Enyaq, Hyundai Ioniq 5 und Co. Nahtlos ein. Zugegebenermaßen gibt es den Skoda Enyaq derzeit ausschließlich mit großen 77-kWh-Akku, jedoch wird auch dieser wieder mit dem 58er erhältlich sein und dann rund 45.000 Euro kosten. Sicherlich ist der Aiways U6 bestens ausgestattet und man vermisst fast nichts. In ein Elektro-Automobil gehört – zumindest in Mitteleuropa – aber zwingend eine Lenkradheizung. Die ist weder für Geld noch gute Worte erhältlich. Das wird sich auch nicht ändern. Eine Anhängekpplung gibt es derzeit auch nicht, die soll laut Aiways aber „irgendwann“ erhältlich sein.

 So ist auch der Aiways U6 ein Elektrofahrzeug, das nicht perfekt ist. Wer sich aber mit der Sitzeinstellung, der Farbgebung der Sitze und – fast vergessen – den dauerpiepsenden Warnsystemen abfinden kann, erhält ein vernünftiges Automobil. Den Preisvorteil eines in China hergestellten Produktes eines chinesischen Herstellers geben die Chinesen jedoch nicht weiter. Und so kostet er eben ähnlich viel wie ein in Deutschland zusammengesetzter VW ID.4 oder in Tschechien hergestellter Skoda Enyaq – ob das passt, muss jeder selbst entscheiden. Der Werkstattintervall ist hingegen nicht nur finanziell attraktiv, er nimmt auch zeitlichen Druck. Und: Der Aiways U6 ist im Vergleich zu vielen anderen E-Autos ab Sommer erhältlich. Derzeit (noch) ein valider Punkt.


Aiways U6 Prime

Preis ab: 45.500 € (brutto ohne Förderungen)
Synchron-E-Motor | 160 kW/218 PS 315 Nm | 7 s | 160 km/h 
Akku: 63 kWh (brutto) | WLTP-Reichweite: 405 km
WLTP-Verbrauch: 16,6 kWh | AC: 11 kW  DC: 90 kW
Abmessungen: 4.805 x 1.880 x 1.641 mm
Kofferraum: 472 –1.260 Liter
Versicherung: HK: 19 | TK: 21 | VK: 22
Wartung: 100.000 km
Garantie: 5 Jahre | 150.000 km (Akku 8 Jahre/75% Kapazität)



-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --

KOMMENTARE


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Autoflotte ist die monatlich erscheinende Fachzeitschrift für den Flottenmarkt im deutschsprachigen Raum. Zielgruppe in diesem wachsenden Markt sind die Fuhrpark-Entscheider in Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen mit mehr als zehn PKW/Kombi und/oder Transportern. Vorstände, Geschäftsführer, Führungskräfte und weitere Entscheider greifen auf Autoflotte zurück, um Kostensenkungspotenziale auszumachen, intelligente Problemlösungen kennen zu lernen und sich über technische und nichttechnische Innovationen zu informieren.