Manchmal ist das Autoleben ungerecht: Längst dominiert der VW Golf die nach ihm benannte Klasse nicht mehr. Dafür muss sich der VW Crafter in der Sprinter-Klasse nicht mehr hinter seinem Rivalen mit Stern verstecken - trotzdem bleibt der Mercedes-Benz namensgebend. Traten anfangs beide noch als optisch modifizierte Geschwister mit jeweils eigenen Motoren auf, hat sich der Volkswagen längst emanzipiert.
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Mit der letzten Modellpflege hat VW vor allem das Bedien- und Infotainmentsystem grundlegend überarbeitet. Im Testwagen findet sich über der Mittelkonsole ein knapp elf Zoll großer Touchscreen, über den sich die meisten Funktionen des Crafter steuern lassen. Wer kein Digital-Freak ist, kann zumindest die Klimaregelung über Schnellwahltasten ansteuern, muss aber am Ende dennoch wischen oder drücken, um in die einzelnen Funktionalitäten zu kommen.
VW Crafter: Sehr viele Informationen
Einen Blick ins Bordbuch zu werfen, lohnt sich auf jeden Fall. Denn das Bordsystem hält eine Vielzahl von nützlichen Infos bereit. Darunter personalisierte Möglichkeiten, die eigenen Apps zu sortieren, diverse Assistenzfunktionen zu konfigurieren oder die unterschiedlichen Fahrzeugfunktionen zu checken. Auch Telefon- und Mediafunktionen kann der Fahrer über den Touchscreen festlegen. Klar, dass ein 3,5-Tonner kein Konzertsaal ist, dennoch erwähnenswert, dass die serienmäßige Soundanlage durchaus gehobene Ansprüche befriedigt und sich der Klang über einen extra Menüpunkt individuellen Bedürfnissen anpassen lässt.
Wichtigste Neuerung ist allerdings das deutlich verbesserte Navigationssystem, das jetzt erkennbar schneller arbeitet und zuverlässiger Staus signalisiert und Ausweichrouten konfiguriert. Wer sich damit nicht wohlfühlt, kann via Apple Carplay oder Android Auto auf die Funktionen des eigenen Smartphones zurückgreifen.
Möglichkeiten der Individualisierung bietet auch das digitale Instrumentencluster. Dort lassen sich im mittleren Feld ebenso wie im inneren Bereich von Drehzahlmesser und Tacho unter anderem Verbrauchswerte, Navi-Hinweise, Durchschnittsgeschwindigkeiten oder persönliche Einstellungen abrufen. Im Vergleich zum Vorgängersystem ist die aktuelle Digitalstruktur eine erhebliche Verbesserung und entspricht der Architektur, die VW auch bei den Pkw-Baureihen eingeführt hat. Leider ist mit den LCD-Displays ein wenig der Charme der Zeigerinstrumente abhandengekommen. Angesichts der klaren Vorteile durch die neue Technik ist das aber verschmerzbar.
VW ID.Buzz Pro langer Radstand (2025)

Im Innenraum zeigt sich der Crafter farblich nicht sehr innovativ. Das "frische Grau" ist allerdings Standard bei vielen Transportern. Verarbeitung und Spaltmaße sind gut. Die Sitze sind auch auf längeren Strecken bequem. Eine zusätzliche Lordosenstütze der aufpreispflichtigen Komfortsitze sorgt für Rückenunterstützung. Sitz- und Lenkradverstellbereich genügen normalen Staturen, um eine ordentliche Sitzposition zu finden. Die dreistufige Sitzheizung sorgt im Winter für ordentlich Wärme. Eine Lüftung für den Sommer bietet VW leider nicht.
VW Crafter: Durchdachte Lösungen
Im Innenraum finden sich auf dem Armaturenbrett größere Ablagen. Dazu kommen kleinere Fächer links und rechts neben den Türen, ergänzt durch großzügige Türtaschen samt Flaschenhalter in den Portalen. Unterm Dach gibt es weite, allerdings aufpreispflichtige Fächer. Eine pfiffige Idee ist die Staubox unter der Beifahrersitzbank. Die Sitzpolster lassen sich einzeln hochklappen, womit der Zugang entsprechend gut ist. Auch den Laderaum hat VW ordentlich strukturiert. Zwischen die Radkästen passt eine Europalette quer problemlos durch. Auch die Öffnung der seitlichen Schiebetüre reicht für besagte Europalette aus. Insgesamt ist Platz für vier der Normpaletten.
Mit nur zehn Zurrhaken im Laderaum gibt sich VW eher geizig. Eine wirklich individuelle Ladungssicherung lässt sich damit nicht sicherstellen. Dafür verfügt der Test-Crafter über ein optionales Sicherungssystem für Schließstangen. Da stellt sich allenfalls die Frage, wo die Stangen denn alle hinsollen, wenn formschlüssig beladen ist und es keine zusätzlichen Hilfsmittel braucht.
Auf jeden Fall sinnvoll sind sowohl der optionale Ladeboden aus einer Siebdruckplatte plus der seitlichen Sperrholzwand- samt Radkastenverkleidung. Derart geschützt lassen sich Beulen in der Außenhaut durch umherfliegende Packstücke wirkungsvoll vermeiden und der ansonsten lackierte Boden nimmt keinen Schaden. Rutschig ist allerdings auch die Siebdruckplatte - Sicherung muss also sein.