Vor 30 Jahren durfte ich an einem Spritsparwettbewerb teilnehmen. Audi wollte beweisen, wie sparsam der damals neue A4 TDI (B5) sei. Eine Ausschreibung ebnete den Weg in die Endrunde und die Fahrt in der Audi-Mittelklasse, die sympathische 4,45 Meter lang war und weniger als 40.000 Mark kostete. Um es abzukürzen: Der mittels Kraftstoffdurchflussmessung ermittelte Verbrauch lag bei 3,14 Litern (pro 100 Kilometer) – gefahren im öffentlichen Verkehr. Platz 4. Bisschen stolz und tief beeindruckt über den Wert ging es nach Hause.
BMW 120d

Unter vier Liter sind im BMW 120d möglich
30 Jahre später ist der BMW 120d acht Zentimeter kürzer, gut 200 Kilogramm schwerer, 73 PS stärker und deutlich sicherer. Der Fortschritt spiegelt sich weniger in diesen Zahlen wider als vielmehr im Verbrauch: 3,8 Liter sind mit dem BMW im Alltag machbar. Klar, man eiert dann eher durch die Gegend, behindert jedoch nicht den fließenden Verkehr und fährt deutlich besser als damals. Ob sich mit dem 120d auch unter drei Liter realisieren lassen, haben wir nicht ausprobiert. „Alles“ andere schon.
Und wer realistisch vergleicht, merkt nach dem Einsteigen, dass es im BMW zwar etwas kompakter zugeht, aber keineswegs beengt. Das ist auch eher ein Gefühl als echter Messwert. Autos Anno 2025 wollen dieses Gefühl von Geborgenheit vermitteln, generiert durch das „Einmauern“ der Insassen. Kleine Scheiben, tiefe Sitzposition und dunkles Interieur tragen ihren Teil dazu bei. Und ja, man fühlt sich behütet im „neuen“ 1er.
Großes Facelift beim 1er-BMW
Warum die Gänsefüßchen? Nun, so richtig neu ist der 1er nicht. Letztes Jahr wurde er vielmehr extrem umfangreich überarbeitet. Eine valide Lösung, um Kosten für Neuentwicklungen zu sparen. Und vielleicht eine Erkenntnis, dass das Rad a. nicht mehr neu erfunden werden kann und b. Neues nicht immer gleichzusetzen ist mit besser. Das sieht man bei komplett neu entwickelten Fahrzeugen sämtlicher Hersteller immer öfter. Der 120d ist ein grundsolider Kompakter mit allen Tugenden und ein paar (selbst verschuldeten) Schwächen – zu denen kommen wir später.
Die vorderen Sportsitze des 120d mit M-Sportpaket packen gut zu und sind eine Freude für Schlank-Performer. Der Sitzbezug hat dann ein Alcantara-Mittelteil, sollte man so belassen. Der 250 Euro Aufpreis kostende „Veganza-Bezug“ des Testwagens sieht weder richtig nach Leder aus, noch fühlt er sich danach an – Leder gibt es keins im 1er. Abwaschbar? Mit ziemlicher Sicherheit.
Licht und Schatten beim M-Sportpaket
Die Sitzposition passt in Verbindung mit Lenkradverstellung und Armaturenbrett-Ausrichtung wie ein Jogginganzug in Ausgeh-Manier. Über das beim M-Paket viel zu dicke Lenkrad (ebenfalls Kunstleder) lässt sich eine in der Fahrzeugklasse begnadete Lenkung dirigieren, die dem BMW-Slogan vollkommen gerecht wird – und das mit Asphalttrennscheiben der Dimension 195/50 R18. Die 18-Zöller müssen sein, denn die M-Sportbremse hat BMW dem Testwagen spendiert und die Kasse mit 650 Euro extra klingeln lassen – in dem Fall mussten sie selbst zahlen. Kann man machen, wirkt vielleicht etwas übertrieben. Gute Stopper sind es zweifelsohne. Der 120d schiebt super sicher und sanft über die Vorderräder, wenn man in Kurven doch mal zu schnell ist. Fühlt sich gut an und Mitinsassen merken kaum etwas davon.
Jeder merkt indes die Härte des M-Fahrwerks. Egal ob vorn oder hinten. Mit dem adaptiven M-System hat man ein Autoleben lang zu kämpfen oder erfreut sich an der Straffheit, egal in welcher Einstellung. Vor allem auf der Autobahn und bei kurzen Anregungen wird es hoppelig, und bei Tempo jenseits der 200 km/h kommt ein leichtes Tänzeln auf den schmalen Winterreifen hinzu. Klare Empfehlung: Das „kleinere“ M-Sport-Design-Paket wählen. Sieht gut aus, spart 2.250 Euro und besitzt das Serienfahrwerk (entspannter), die Serienlenkung (sicherlich nicht ganz so exakt), das Serienlenkrad (dünner) und keine Sportbremse (650 Euro nicht ausgegeben und beim Verschleiß günstiger). Zudem kommt der 120d dann mit Seriensitzen (nicht so eng). Sportsitze mit ansehnlichem und angenehmem „Econeer-Bezug“ gibt es für 380 Euro als Extra, und wer sich vorn massieren lassen möchte, holt sich die Aktivsitze für 470 Euro.

BMW 120d: Diesel mit dem Extra-E
Auf den ersten Blick verwundert es, dass BMW nur noch zwei Diesel im Programm hat, keinen Allrad-Selbstzünder, und der kleine 118d mit 150 PS kaum schwächer ist als der „starke“ 120d mit 163 PS. Das PS-Plus ergibt sich durch die Mild-Hybridisierung des Zweiliter-Diesels. 15 kW oder 20 PS soll der Generator kurzzeitig zusätzlich bringen. Im Fahrzeugschein finden sich diese nicht, da sind es 150, die auch der 118d zustande bringt. Lohnt also die Mini-Elektrifizierung, die 30 Kilogramm zusätzlich im 1er wiegt und 80 Liter Kofferraumvolumen kostet? Nein.
7,9 Sekunden meldet BMW für den 120d-Sprint, 8,3 sollen es beim 118d sein, 40 Newtonmeter trennen beide beim Drehmoment – jedoch nur, wenn Strom im Mini-Akku (0,9-kWh-Speicher/brutto) vorhanden ist. Der Verbrauch nach WLTP differiert ebenfalls um 0,4 – Liter in dem Fall. 2.300 Euro stehen mehr auf dem 120d-Preisschild. Dafür gäbe es beim 118d das M-Sport-Design-Paket (1.300 Euro), Metalliclack (750 Euro) und ein leckeres Abendessen bei der Werksabholung in München – und das Abbestellen des 118d-Schriftzugs gibt es nach wie vor kostenfrei.
Alle 1er-BMW fahren mit einem Doppelkupplungsgetriebe. Sieben Gänge sezieren die Kraft und schalten schnell und ruckfrei, meist sehr geschmeidig und damit top. Ein längerer Zug am Minuspaddel des 120d aktiviert die Boostfunktion und stellt dann die 400 Nm und 163 PS für den anstehenden Überholvorgang bereit. Wer meint, man vermisse die Leistungswerte der alten 120d-Versionen mit bis zu 200 PS, ist schief gewickelt. Klar, der 120d ist keine Rakete, aber einer der schnellsten Kompakt-Diesel und per se ein schnelles Automobil.
Dass sich bei solch einem Tempo der WLTP-Wert von der Realität entfernt, ist verständlich. Dennoch war es auf den knapp 3.000 Kilometern nicht möglich, mehr als 7,6 Liter durch die vier Zylinder zu jagen. Wenn man entspannt rollt, kann man den Prospektwert locker unterbieten und mit gut vier Litern fahren. Und wer es drauf anlegt … das hatten wir ja ganz oben. Im Alltag hilft die Rekuperation, die vor allem im Bereich unter 70 km/h so hoch ist, dass bei vorausschauender Fahrweise kaum die Bremse nötig ist.