Wie sich ATU aufstellt: "Ziel ist es, Fuhrparkmanager spürbar zu entlasten"

20.10.2025 11:47 Uhr | Lesezeit: 3 min
Georg Thoma, ATU
Georg Thoma, ATU: "Die Digitalisierung ist ein Treiber für unser Geschäft"
© Foto: ATU

ATU kennt fast jeder Automobilist. Die Weidener tanzen auf vielen Hochzeiten: Privat- und Flottenkunden sowie Autohersteller. Georg Thoma, Director Fleet bei ATU, gibt uns Einblicke.

Wir schreiben das Jahr 1985. Peter Unger legt den Grundstein für ATU in Weiden in der Oberpfalz. Zuvor verkaufte er seine fünf Reifenläden, um mit dem Geld Neues in der Branche zu erschaffen. Seine Vorbilder waren angeblich die Aldi-Brüder, die 1954 das erste Lebensmittelgeschäft mit Selbstbedienungscharakter in Essen eröffneten und ein gutes Jahr später bereits rund 100 Filialen in NRW besaßen.

30 Jahre später machte sich auch "Auto Teile Unger", kurz ATU, schnell einen Namen und galt als Anlaufstelle für Reifen, Alufelgen sowie Autozubehör und Werkstattarbeiten. Das Konzept der freien Werkstatt mit integriertem Autofahrerfachmarkt kam an. Gut für Unger, der mit seiner Idee durchstarten konnte und die ihn letztendlich zum Milliardär machte, der noch immer in der Oberpfalz lebt.

ATU ist der Suche nach Partnern

2025, 40 Jahre danach, ist ATU mit mehr als 500 Filialen und etwa 9.000 Mitarbeitern eine große Nummer. Nach verschiedenen Eigentümerwechseln gehören die Oberpfälzer seit 2016 zur Mobivia-Gruppe, die europaweit über 2.000 Werkstätten betreibt. Nicht nur für Privatkunden ist ATU Anlaufstelle für die Basics wie Reifenersatz, Ölwechsel sowie Bremsen- und Auspufftausch.

Immer mehr Firmenkunden sehen Potenzial, ihre Flotte durch ATU warten zu lassen - nach Herstellervorgabe. Neben den Flottenkunden kommen neue Automobilhersteller, die derzeit (meist aus China) den europäischen und deutschen Markt aufmischen wollen, ATU näher.

Ist der Kauf oder das Leasing eines Pkw einer neuen Marke oft nur ein paar Klicks entfernt, wird es bei Wartung und Reparatur komplizierter, wenn nur wenige oder gar keine Standorte existieren. Hier kommt ATU ins Spiel und hat sich früh mit einem der ersten Chinesen, Aiways (Autoflotte berichtete), zusammengetan. Es folgten der ebenfalls chinesische Anbieter HiPhi und Vinfast (Vietnam).

Aiways versucht seit zwei Jahren, zu überleben, HiPhi versucht nach wie vor, hierzulande zu starten. Die Learnings haben sich bei ATU eingebrannt - auch, was chinesische Hersteller wollen, fordern, bieten und können.

ATU-Experte Thoma im Interview

Wir haben mit Georg Thoma, Director Fleet & B2B Partnerships bei ATU, über die Herausforderungen und das Flottengeschäft im Allgemeinen gesprochen.

Herr Thoma, ATU hat große Erfahrung, wenn es um Flottenkunden geht - und die größte Erfahrung im Umgang mit neuen Autoherstellern, die in Deutschland Servicepartner suchen. Wo sehen Sie die größten Hürden und wo das größte Potenzial?

Georg Thoma: Die größte Hürde ist sicherlich die Service-Infrastruktur. Viele neue Hersteller kommen mit attraktiven Produkten, stoßen aber bei der Wartung und Reparatur schnell an Grenzen, da ihr eigenes Netz fehlt. Für Flottenkunden bedeutet das: lange Standzeiten oder weite Wege bis zur nächsten Werkstatt und damit Kostenrisiken. Genau hier liegt das Potenzial - wer früh einen zuverlässigen Servicepartner etabliert, gewinnt das Vertrauen von Geschäftskunden. ATU kann durch das bundesweite, herstellerunabhängige Werkstattnetz von rund 530 Filialen diese Lücke schließen.

Nun kooperiert(e) ATU mit Aiways, HiPhi und Vinfast mit drei Herstellern, alles keine Bestseller. Was ist Ihr Learning aus der Zusammenarbeit mit neuen Marken?

G. Thoma: Unser wichtigstes Learning heißt, Flexibilität, Geschwindigkeit und vor allem planbare Skalierbarkeit sind entscheidend. Neue Marken müssen schnell einen funktionierenden Aftersales-Service etablieren, um Vertrauen im Markt aufzubauen. Idealerweise da, wo die meisten ihrer Fahrzeuge fahren. Zu Beginn sind das nicht viele, wenn aber der Markt das Fahrzeug akzeptiert, dann braucht es einen Partner, der mit Prozessgleichheit skalieren kann - im besten Fall mit gut 530 Filialen. Durch unsere Kooperationen konnten wir Erfahrungen sammeln, wie wir herstellerspezifische Anforderungen in unser Netz integrieren - von Schulungen für Hochvoltsysteme bis hin zu speziellen Diagnose-Tools. Dieses Wissen setzen wir heute erfolgreich für bestehende und neue Partner ein.

Mit Aiways hatte ATU einen der ersten chinesischen Hersteller im Service, der ausschließlich auf E-Autos setzte. Hat sich das damalige Invest in die Hochvolt-Ausbildung, Spezial-Schulungen, Ladeinfrastruktur an Standorten und Diagnosegeräte gelohnt?

G. Thoma: Hochvoltsystem-Know-how ist heute unverzichtbar. Alle unsere Filialen verfügen über speziell geschulte Fachkräfte für Hochvoltsysteme. Zudem haben wir den Ausbau der Ladeinfrastruktur konsequent vorangetrieben: Bereits 114 Standorte sind mit Schnellladesäulen ausgestattet, insgesamt entstehen rund 900 neue Ladepunkte. Damit verfügen künftig etwa 440 unserer Filialen über ein eigenes Ladenetz. Diese Investitionen verschaffen uns heute einen klaren Wettbewerbsvorteil und machen uns attraktiv für Flottenkunden und neue Hersteller gleichermaßen.

Also zum Glück doch nicht "außer Spesen nichts gewesen"?

G. Thoma: Ganz im Gegenteil. Auch wenn nicht jeder Hersteller langfristig am Markt bleibt, bleiben die Investitionen und das Wissen im Unternehmen. Wir haben bewiesen, dass wir der richtige Partner im Bereich E-Mobilität sind und für neue Marken die perfekte Anlaufstelle, wenn es um ein zukunftsträchtiges Werkstattkonzept geht.

Bleibt ATU offen für weitere Neuankömmlinge oder konzentrieren sie sich auf Geschäftsfelder, die seit Jahrzehnten funktionieren?

G. Thoma: Wir bleiben offen für neue Partnerschaften, denn das ist ein spannender Wachstumsmarkt. Gleichzeitig setzen wir weiterhin stark auf unser Kerngeschäft. Unsere Stärke liegt darin, beide Welten zu verbinden: klassische Services wie Reifen und Wartung einerseits und moderne Lösungen für Elektromobilität sowie Digitalisierung andererseits.

Kleinere Updates werden oft "Over-the-Aair" auf die Fahrzeuge gespielt. Hat ATU bei diesen Themen Expertise oder funktioniert das über den Hersteller?

G. Thoma: Das hängt an der Integrationstiefe der jeweiligen Zusammenarbeit. Grundsätzlich können wir auch hier unterstützen, aber manche Hersteller geben dies nicht aus der Hand.

Wie sehen Sie das Potenzial gewerblicher Kunden?

G. Thoma: Wir sind hier sehr stark unterwegs. Selbst in Zeiten von Corona sind wir im Geschäftskundenbereich gewachsen und tun dies auch weiterhin. Das Potenzial ist weiterhin enorm. Gerade die Diskussion um neue EU-Vorgaben, wonach bis 2027 drei Viertel aller neu zugelassenen Flottenfahrzeuge elektrisch und ab 2030 gar keine Verbrenner mehr erlaubt sein sollen, beschleunigt den Wandel. Unternehmen brauchen Partner, die sie in dieser Transformation begleiten - und genau das bieten wir mit unserem Netz, unserer E-Kompetenz und unseren digitalen Services.

Welche Dienstleistungen bieten Sie für Flotten und große Unternehmen an?

G. Thoma: Wir bieten unseren Geschäftskunden ein breites Spektrum - von bundesweiter, einheitlicher Preisgestaltung, Service nach Herstellervorgabe, gleichen Prozessen in allen Filialen über digitale Führerscheinkontrolle bis hin zu zentraler Abrechnung. Hinzu kommt die Flexibilität, Werkstatttermine auch kurzfristig und flächendeckend, beispielsweise über unsere Online-Terminvereinbarung, zu ermöglichen. Damit helfen wir Flottenkunden, Verwaltungskosten zu senken, Ausfallzeiten zu minimieren und ESG-Ziele durch die Elektromobilität zu unterstützen.

Das heißt, ATU bietet maßgeschneiderte Lösungen für Unternehmen mit großen Fahrzeugflotten, um Betriebsabläufe zu optimieren und die -kosten zu senken?

G. Thoma: Genau. Unser Ziel ist es, Fuhrparkmanager spürbar zu entlasten und Abläufe effizienter zu gestalten. Mithilfe IT-gestützter Prozesse setzen wir individuelle Vorgaben flexibel um - etwa durch die Erstellung elektronischer Kostenvoranschläge oder automatische Erinnerungen an anstehende Termine. Dazu kommen zentrale Abrechnungen, transparente Preisstrukturen, eine komfortable Online-Terminvergabe sowie digitale Lösungen wie die Führerscheinkontrolle.

Wie gewährleisten Sie eine hohe Flexibilität bei Werkstattterminen, insbesondere wenn Fahrzeuge zu Stoßzeiten oder in einem engen Zeitrahmen gewartet werden müssen?

G. Thoma: Dank unseres bundesweiten Netzes mit über 500 Filialen können wir Termine flexibel steuern. Für Flottenkunden bieten wir priorisierte Terminvergabe, kurze Wartezeiten und bei Bedarf Ersatzmobilität. Zudem setzen wir digitale Planungstools ein, um Auslastung und Termine effizient zu koordinieren. Das Ergebnis: Auch in Stoßzeiten bleiben Fahrzeuge schnell einsatzbereit - ein entscheidender Faktor für Unternehmen, deren Tagesgeschäft von der Verfügbarkeit ihrer Flotte abhängt.

Wie hat sich die Digitalisierung der Autos auf ATU ausgewirkt? Gibt es konkrete Maßnahmen, wie sie von dieser Entwicklung im Servicegeschäft profitieren?

G. Thoma: Die Digitalisierung ist ein Treiber für unser Geschäft. Fahrzeuge werden komplexer, Software spielt eine größere Rolle. Wir investieren kontinuierlich in Diagnosesysteme, Schulungen und digitale Zusatzservices. Ein Beispiel ist unsere digitale Führerscheinkontrolle, die Fuhrparkprozesse vereinfacht und rechtssicher dokumentiert.

Können Sie sagen, wie viele Kunden gewerbliche Kunden bei ATU sind?

G. Thoma: Der Anteil gewerblicher Kunden liegt bei uns im unteren zweistelligen Bereich. Dabei reicht die Spannweite von sehr großen Kunden wie Leasinggesellschaften und Autovermietern über große Einzelunternehmen bis hin zu mittelständischen und kleineren Betrieben. Diese Vielfalt zeigt, dass wir mit unserem Angebot sowohl die Anforderungen großer Flotten als auch die Bedürfnisse kleinerer Fuhrparks optimal bedienen können.


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